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Grundlagen: Baustein 3: Institutionen zur Gestaltung der Weltwirtschaft 181 Leben gerufen hat, beispielsweise des Klubs der „Global Leaders of Tomorrow“. In Davos sollen so in über 300 Zusammenkünften zahlreiche Gelegenheiten geschaffen werden, einen Elite-Konsens zu ökonomischen und politischen Fragen zu erzeugen. Kritiker dagegen bemängeln gerade, dass hier politische Verhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt würden, um die Zukunft einer „neoliberalen Globalisierung“ zu planen. Das Jahrestreffen 2014 stand ganz im Zeichen der globalen Wirtschaftsund Finanzkrise unter dem Motto „Die Welt nach der Krise gestalten“. Mehr als 40 Staatsund Regierungschefs und über 1 400 Wirtschaftsführer aus 90 Ländern kamen zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Das Ziel: Auswege aus der Krise zu finden. Schließlich diskutierten WEF-Teilnehmer auch die zen trale Frage, ob die Krise des Kapitalismus zu einem neuen Wertesystem führen muss. Welche ethischen und moralischen Erkenntnisse lassen sich aus der Entstehung der Finanzkrise ziehen? „Wenn man sich anschaut, wie sich die Weltwirtschaftskrise entwickelt hat, dann sind diejenigen, die sich dort treffen werden, genau diejenigen, die mitverantwortlich sind für die Krise“, sagt Alexis Passadakis von der Anti-Globalisierungsgruppe Attac. Auch vom Ziel des Gipfels, Ideen für eine Welt nach der Krise zu skizzieren, verspricht er sich nicht viel: „Sie werden versuchen, Lösungen zu finden, die die Kosten abwälzen werden auf die Bevölkerungsgruppen, die auch schon in den Jahren des Booms unter dem gegenwärtigen Weltwirtschaftssystem gelitten haben.“ Diese an sich hohen Ansprüchen genügende Themensetzung darf nach Meinung vieler Globalisierungsgegner indessen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das WEF ein elitäres, von der Wirtschaft dominiertes und gesteuertes Gremium ist und bleibt, welches weder ausgewogen zusammengesetzt geschweige denn demokratisch legitimiert noch geeignet ist, globale Herausforderungen anzugehen. Diese Sichtweise wird von den Verantwortlichen des WEF jedoch in öffentlichen Äußerungen mit Nachdruck zurückgewiesen, gehe es doch bei den Treffen lediglich um Kontaktpflege und Gedankenaustausch und nicht um ökonomische Entscheidungen, die der Politik vorbehalten bleiben sollten. In dieser Kontinuität soll auch das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums im Januar 2015 in Davos unter dem Motto „The new global context“ (Der neue globale Kontext) stehen, bei dem grundlegende Debatten um die Bedeutung des laufenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Wandels geführt werden sollen. Die Kritiker des WEF veranstalten seit 2001 einen Gegengipfel, das sog. Weltsozialforum. Dieses Forum mit regelmäßig über 100 000 Teilnehmern ist als Kontrapunkt zum Davoser Weltwirtschaftsforum gedacht. Zunächst fanden die Weltsozialgipfel in Porto Alegre/Brasilien (2001 – 2003 und 2005), in Mumbai/Indien (2004) und in Nairobi/Kenia (2007) statt. Während der Gegengipfel im Jahr 2006 in Afrika, Asien und Lateinamerika gleichzeitig organisiert wurde, hatte das Forum 2008 die Form eines globalen Aktionstages. 2009 kehrte das Weltsozialforum wieder nach Brasilien zurück und fand in Belém statt. Das Weltsozialforum (WSF) 2011 tagte in Dakar/Senegal, während sich die Globalisierungskritiker im Jahr 2013 in Tunis/Tunesien versammelten. Dort soll auch 2015 das WSF stattfinden. Inhaltlich geht es vor allem darum, möglichst alle globalen Bewegungen zu integrieren, die eine gesellschaftliche Alternative zum profitorientierten neoliberalen Kapitalismusmodell darstellen. Auch die Bewegung der Landlosen und Kleinbauern soll aktiv in das Weltsozialforum eingebunden werden. Vielen globalen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, wie die zum Klimawandel oder zum Freihandel, die in eigenen Bewegungen und Netzwerken geführt werden, soll das Weltsozialforum Raum zur Diskussion geben. Quebec/Kanada als Tagungsort für das Jahr 2016 stellt schließlich eine Premiere dar, denn noch nie hat das Weltsozialforum in einem Industrieland stattgefunden. Überdies veranstaltet direkt in Davos das globalisierungskritische Bündnis „Public Eye on Davos“ seit 2000 einen Gegengipfel. Hunderte von Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt treffen sich so alljährlich beim Weltsozialforum, um über notwendige Reformen in Politik und Weltwirtschaft zur Etablierung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung zu diskutieren, die auch die Interessen der Menschen in den Entwicklungsund Schwellenländern berücksichtigt. Mit dieser Art Gegengipfel wollen die Globalisierungskritiker ein Signal aussenden: Der Kapitalismus hat sich schon global vernetzt – der Widerstand tut das jetzt auch. (Autorentext) 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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