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Kontroverse 201 der Menschen zu verbessern“, formulierte Rolf-Ernst Breuer, lange Jahre Chef der Deutschen Bank. Es war das Credo der Globalisierer in Konzernen und Regierungen. Inzwischen herrscht Unruhe im Land. […] Kapitalismus und Globalisierung werden zu Recht in einem Atemzug genannt. Zwar birgt die grenzenlose Verschmelzung von Märkten, Unternehmen und Informationsflüssen das Potenzial, die Spaltung der Menschheit in Arm und Reich zu überwinden. Doch die Chancen der Globalisierung drohen verloren zu gehen. Die negativen Auswirkungen der Globalisierung auf die Menschen sind nicht mehr zu übersehen. Demokratische Entscheidungen werden durch die Diktatur der internationalen Finanzmärkte ersetzt. Was ist schiefgelaufen? Hundert Millionen von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen in Europa und den USA und drei Milliarden Arme, die zusammen jährlich ein geringeres Einkommen haben, als die 400 reichsten Familien der Erde an Vermögen besitzen, sind geeint in der Angst vor der Zukunft, aber auch in der Wut, dem Abscheu und dem tiefen Misstrauen gegenüber den politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Eliten, die, ähnlich den Verantwortlichen in der Zeit des Übergangs vom Feudalismus in die Industriegesellschaft, offenbar unfähig sind, die unausweichliche Globalisierung der Ökonomie human zu gestalten. Die Menschen werden zu Opfern einer ShareholderValue-Ökonomie, die keine Werte kennt jenseits von Angebot und Nachfrage, die Spekulanten begünstigt und langfristige Investoren behindert. Die Staatsmänner der westlichen Welt lassen sich von den multinationalen Konzernen erpressen und gegeneinander ausspielen: Verantwortlich ist ein Meinungskartell von Ökonomen und Publizisten, die meinen, die menschliche Gesellschaft müsse funktionieren wie Daimler Chrysler, und die sich beharrlich weigern anzuerkennen, dass der Markt geordnet werden muss, auch global Regeln einzuhalten sind und Lohndumping die Qualität der Arbeit und der Produkte zerstört. Die Menschen spüren die Folgen einer Wahnidee […], nämlich des Irrglaubens, die Gesetze und Selbstheilungskräfte der Märkte würden alle Probleme von selber lösen. Richtig ist, dass es zum Markt und zum Wettbewerb grundsätzlich keine vernünftige Alternative gibt. Die globale Wirtschaft ist jedoch […] eine Welt der Anarchie, ohne Gesetz und soziale Übereinkünfte, in der die Privatwirtschaft eine entscheidende Rolle spielt, von der aber auch die Mafia, Drogendealer und Terroristen ebenso profitieren wie frühkapitalistische antidemokratische Systeme wie China. Die heutige Weltwirtschaft stellt sich in den Augen der meisten Menschen dar als ein System, in dem Hiobsbotschaften am Arbeitsmarkt Siegesmeldungen an der Börse bedeuten, als ein System, in dem der Börsenwert umso höher steigt, je mehr Leute wegrationalisiert werden. Ein solches Wirtschaftssystem wird als zutiefst unsittlich empfunden und ist auf die Dauer nicht konsensfähig. Notwendig ist eine internationale sozial-ökologische Marktwirtschaft mit einer stärkeren Kontrolle der internationalen Finanzsysteme, die Schließung der Offshore-Centers, die Einführung einer internationalen Spekulationssteuer, die Beschränkung der europäischen und amerikanischen Agrarsubventionen, die beispielsweise Millionen von Afrikanern arbeitslos machen, und eine Reform der globalen Institutionen wie Weltbank, IWF und WTO, die der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz dafür verantwortlich macht, dass die Globalisierung bisher schiefgelaufen ist. Ohne Achtung der Menschenwürde und ohne solidarische Standards, die Lohnsklaverei, Ausbeutung, Kinderarbeit, Zerstörung der Natur verbieten und verhindern, ist auf die Dauer eine humane Weltwirtschaftsordnung und Weltfriedensordnung nicht möglich. […] (Heiner Geißler, von 1977 bis 1989 CDU-Generalsekretär, seit 2007 Mitglied von Attac, in: Rheinischer Merkur Nr. 22 v. 31.5.2007) 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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