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Grundlagen: Baustein 1: Lebensverhältnisse im 21. Jahrhundert 257 Soziale Ungleichheit Mit dem Wort „Ungleichheit“ werden in den Sozialwissenschaften nicht bloße (horizontale) Unterschiede, sondern (vertikale) Besserbzw. Schlechterstellungen zwischen Menschen bezeichnet. Man spricht von „sozialer Ungleichheit“, wenn die Ressourcenausstattung (zum Beispiel der Bildungsgrad oder die Einkommenshöhe) oder die Lebensbedingungen (beispielsweise die Wohnverhältnisse) von Menschen aus gesellschaftlichen Gründen so beschaffen sind, dass bestimmte Bevölkerungsteile regelmäßig bessere Lebensund Verwirklichungschancen als andere Gruppierungen haben. „Besser“ sind Lebensund Verwirklichungschancen dann, wenn Ressourcenausstattungen oder Lebensbedingungen bestimmten Menschen nach den jeweils geltenden gesellschaftlichen Maßstäben (zum Beispiel bezüglich Sicherheit, Wohlstand, Gesundheit) die Möglichkeit zu einem „guten Leben“ und zur weiten Entfaltung der eigenen Persönlichkeit bieten, anderen Menschen jedoch nicht. Inwieweit diese Möglichkeiten individuell genutzt werden, steht dahin. Der Begriff soziale Ungleichheit schließt somit nicht aus, dass Menschen mit vorteilhaften Bedingungen ein elendes Leben führen. Neben den sozialen, das heißt gesellschaftlich entstehenden, relativ stabilen und verallgemeinerbaren existieren viele weitere Ungleichheiten zwischen Menschen. Nicht als soziale Ungleichheit gelten unter anderem individuelle, momentane und natürliche Vor bzw. Nachteile. Sie entstehen zum Beispiel durch (un-) Erläutern Sie die Begriffe „Lebenslage“ und „soziale Lage“ anhand von Beispielen. Arbeiten Sie die vom Autor genannten Bestimmungsfaktoren des Begriffs „soziale Ungleichheit“ in Form einer Mindmap heraus und benennen Sie die vom Autor aufgezeigten Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit. Stellen Sie zu zweit übersichtlich dar, welche Ungleichheiten soziologisch nicht als „soziale Ungleichheiten“ gelten. Tauschen Sie sich zu zweit darüber aus, welche der in der Karikatur (S. 255) dargestellten Ungleichheiten/Benachteiligungen zu den „sozialen Ungleichheiten“ im soziologischen Sinne zu zählen sind, und vergleichen Sie Ihre Ergebnisse im Kurs. Erläutern Sie, ob der soziologische Begriff „soziale Ungleichheit“ diesen soziologischen Sachverhalt als ungerecht/illegitim wertet (vgl. dazu die Gerechtigkeitsbegriffe, S. 299 ff.). Erklären Sie an zwei Beispielen die Begriffe „Verteilungsungleichheit“ und „Chancenungleichheit“ und stellen Sie die Unterschiede heraus. 1 2 3 4 5 6 vorteilhafte Persönlichkeitseigenschaften, Lotteriegewinne oder angeborene Behinderungen. In der Realität greifen natürliche, momentane und individuelle Vor bzw. Nachteile einerseits und soziale Ungleichheiten andererseits jedoch oft ineinander. Die jeweilige Intelligenz eines Menschen zum Beispiel ist meist sowohl durch natürliche als auch durch soziale Bestimmungsgründe geprägt. Wer landläufig von „sozialer Ungleichheit“ spricht, verbindet mit diesem Begriff üblicherweise die Vorstellung der Illegitimität bzw. der Ungerechtigkeit. Dagegen lässt es der sozialwissenschaftliche Begriff der „sozialen Ungleichheit“ offen, ob Sachverhalte sozialer Ungleichheit (zum Beispiel Einkommensabstände) als „gerecht“ oder „ungerecht“ gelten. Das herauszufinden, bleibt eigenen Studien vorbehalten. „Verteilungsungleichheit“ meint die ungleiche Verteilung einer wertvollen Ressource (z. B. des Einkommens) bzw. einer (un-)vorteilhaften Lebensbedingung innerhalb der Bevölkerung insgesamt. Mit „Chancenungleichheit“ bezeichnet man die ungleichen Möglichkeiten bestimmter Bevölkerungsgruppen (zum Beispiel von Frauen oder Migranten), an vorteilhafte oder nachteilige Stellen innerhalb solcher Verteilungen zu gelangen (zum Beispiel höhere Einkommen zu erzielen). Chancenungleichheiten und Verteilungsungleichheiten verändern sich häufig unabhängig voneinander. […] (Stefan Hradil [Hrsg.]: Deutsche Verhältnisse. Eine Sozialkunde, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2012, S. 156 ff.) 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 N r z u Pr üf zw ec ke n Ei nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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