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Annäherung und Planung: Streit um die Aufgaben des Staates 25 Im System der natürlichen Freiheit hat der Souverän lediglich drei Aufgaben zu erfüllen, die sicherlich von höchster Wichtigkeit sind, aber einfach und dem normalen Verstand zugänglich: erstens die Pflicht, das Land gegen Gewalttätigkeit und Angriff anderer unabhängiger Staaten zu schützen, zweitens die Aufgabe, jedes Mitglied der Gesellschaft so weit wie möglich vor Ungerechtigkeit oder Unterdrückung durch einen Mitbürger in Schutz zu nehmen oder ein zuverlässiges Justizwesen einzurichten, und drittens die Pflicht, bestimmte öffentliche Anstalten und Einrichtungen zu gründen und zu unterhalten, die ein Einzelner oder eine kleine Gruppe aus eigenem Interesse nicht betreiben kann, weil der Gewinn ihre Kosten niemals decken könnte, obwohl er häufig höher sein mag als die Kosten für das ganze Gemeinwesen. (Smith, Adam [1993]: Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, hrsg. und übers. von Horst Claus Recktenwald, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, S. 369 – 371 und S. 582 f.) Der Einzelne ist stets darauf bedacht herauszufinden, wo er sein Kapital, über das er verfügen kann, so vorteilhaft wie nur irgend möglich einsetzen kann. Und tatsächlich hat er dabei den eigenen Vorteil im Auge und nicht etwa den der Volkswirtschaft. Aber gerade das Streben nach seinem eigenen Vorteil ist es, das ihn ganz von selbst oder vielmehr notwendigerweise dazu führt, sein Kapital dort einzusetzen, wo es auch dem ganzen Land den größten Nutzen bringt. […] Tatsächlich fördert er in der Regel nicht bewusst das Allgemeinwohl, noch weiß er, wie hoch der eigene Beitrag ist. Wenn er es vorzieht, die nationale Wirtschaft anstatt die ausländische zu unterstützen, denkt er eigentlich nur an die eigene Sicherheit, und wenn er dadurch die Erwerbstätigkeit so fördert, dass ihr Ertrag den höchsten Wert erzielen kann, strebt er lediglich nach eigenem Gewinn. Und er wird in diesem wie auch in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, um einen Zweck zu fördern – den zu erfüllen er in keiner Weise beabsichtigt hat. Gibt man daher alle Systeme der Begünstigung und Beschränkung (insbesondere durch den Staat) auf, so stellt sich ganz von selbst das einsichtige und einfache System der natürlichen Freiheit her. Solange der Einzelne nicht die Gesetze verletzt, lässt man ihm völlige Freiheit, damit er das eigene Interesse auf seine Weise verfolgen kann und seinen Erwerbsfleiß und sein Kapital im Wettbewerb mit jedem anderen oder einem anderen Stand entwickeln oder einsetzen kann. Der Herrscher wird dadurch vollständig von einer Pflicht entbunden, bei deren Ausübung er stets unzähligen Täuschungen ausgesetzt sein muss und zu deren Erfüllung keine menschliche Weisheit oder Kenntnis jemals ausreichen könnte, nämlich die Pflicht oder Aufgabe, den Erwerb privater Leute zu überwachen und ihn in Wirtschaftszweige zu lenken, die für das Land am nützlichsten sind. Adam Smith (1723 – 1790) gilt als der Begründer der „klassischen Nationalökonomie“, eines Wirtschaftskonzepts, bei dem der Staat in der Wirtschaft keine Rolle spielt („Liberalismus“ – für den Staat bleiben, wie Sie sehen werden, lediglich Aufgaben außerhalb des Wirtschaftsgeschehens). Im Zuge der Industrialisierung griffen europäische Staaten entsprechende Ideen begierig auf, um ökonomische wie soziale Probleme als vorübergehende oder normale Begleitumstände nicht (selbst) bekämpfen zu müssen. Adam Smiths Grundansatz hat als Vorreiter der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik auch heute erhebliche Bedeutung: Die Aufgaben der Wirtschaftspolitik in der Marktwirtschaft Der Klassiker: Adam Smith über die „unsichtbare Hand“ in der Wirtschaft 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 N r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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