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Kontroverse: Steuern von „oben“ für „unten“? 307 Vermögenssteuer: Pro und Kontra Fällen Sie ein Spontanurteil zur Einführung der Vermögenssteuer und notieren Sie sich Ihre Argumente, damit Sie diese mit Ihrem kriterienorientierten Urteil nach der Analyse der Pro und Kontra-Argumente vergleichen können. So können Sie Ihren eigenen Urteilskompetenzzuwachs zu dieser wichtigen politischen Streitfrage bewerten. Spontanurteil: Ja zur Vermögenssteuer, weil … Nein zur Vermögenssteuer, weil … Unentschieden, weil … reich über drei Prozent und in Großbritannien über vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sozialstaatliche Leistungen werden in der Folge in Deutschland immer mehr von den Menschen finanziert, die selbst auf diese Leistungen angewiesen sind. Die hohe Verschuldung der meisten europäischen Staaten schließt aber nicht nur weitere Steuersenkungen aus. Sie erzwingt auch Steuererhöhungen und verringert dadurch den Steuerwettbewerb. Erhöht werden sollte aber nicht die Mehrwertsteuer. Sie entzieht dort Kaufkraft, wo die wirtschaftliche Erholung durch den Konsum unterstützt werden könnte. Da Deutschland wegen der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse gezwungen sein wird, nicht nur die Staatsausgaben zu senken, sondern auch die Steuern zu erhöhen, sollten wieder stärker die leistungsstarken Steuerpflichtigen belastet werden. Die Vermögenssteuer kann entsprechend den Vorgaben der Verfassung ausgestaltet werden. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die Vermögenssteuer 1995 ausdrücklich „als zulässige Form des Steuerzugriffs“ qualifiziert. Den damals unter dem Einfluss von Paul Kirchhof formulierten „Halbteilungsgrundsatz“ hat das Gericht 2006 ausdrücklich als nicht aus dem Grundgesetz ableitbar bezeichnet. Eine verfassungsgemäße Vermögenssteuer muss also nur alle Bestandteile des Vermögens sachgerecht bewerten. […] Der Gesetzgeber kann auch im Vermögenssteuergesetz mit Freibeträgen, Pauschalierungen und Typisierungen arbeiten. Er kann sich an Bodenrichtwerten orientieren und bei Unternehmen die vermögenssteuerliche an die ertragsteuerliche Bewertung anlehnen. Die Besteuerung von Unternehmensvermögen kann in einem anderen Gesetz geregelt werden als die Besteuerung von Privatvermögen – so wie die Besteuerung der Einkünfte von Unternehmen in der Rechtsform der juristischen Person im Körperschaftsteuergesetz anders geregelt ist als die Besteuerung natürlicher Personen im 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 Die kontroverse Diskussion um die Wiedereinführung der Vermögenssteuer A. Pro Vermögenssteuer 1. Ein Gebot der Steuergerechtigkeit Die Besteuerung des Vermögens ist ein Gebot der Steuergerechtigkeit. Das Steuerrecht des sozialen Rechtsstaats richtet die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger aus. Wer über nennenswertes Vermögen verfügt, ist bei gleichem Einkommen leistungsfähiger als jemand ohne jegliches Vermögen, weil er über Versorgungssicherheit und Kredit verfügt. Deshalb nennt das Grundgesetz die Vermögenssteuer neben der Einkommen und der Körperschaftsteuer ausdrücklich als Einnahmequelle des Staates und weist ihr Aufkommen den Ländern zu. 1995 hat eine Million deutscher Haushalte immerhin 4,6 Milliarden Euro Vermögenssteuer an den Staat gezahlt. Kann der Staat in seiner gegenwärtigen Finanzmisere auf dieses Geld verzichten? Nicht ohne Grund führt Spanien die Vermögenssteuer wieder ein. Vor der Finanzkrise war der Steuerwettbewerb in Europa so stark geworden, dass einige Staaten sich gezwungen glaubten, die Besteuerung des Vermögens und des Einkommens zu senken. So sollten leistungsfähige Steuerpflichtige von der Verlagerung ihres Einkommens und Vermögens in Niedrigsteuerländer abgehalten werden. Stattdessen wurde die Mehrwertsteuer erhöht, die leistungsschwächere Bevölkerungsgruppen stärker belastet, weil diese den größten Teil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben müssen. Als Folge betrug das Aufkommen vermögensbezogener Steuern (Vermögens-, Grund-, Kapitalverkehrsowie Erbschaftund Schenkungsteuer) nach Zahlen der OECD 2008 in Deutschland weniger als ein Prozent, in der Schweiz dagegen über zwei Prozent, in den USA und FrankNu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d e C .C .B uc hn er V er la gs | |
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