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Grundlagen: Baustein 3: Handlungsfelder der EU-Politik 391 derer kümmert. In dem Stadtteil der Madrider Altstadt, aus dem die junge Spanierin stammt, sind dies vor allem Menschen aus Bangladesch und China. Díaz gehört zur Generation der „Indignados“, der Empörten. Natürlich war sie mit dabei, als vor zwei Jahren überall in Spanien Protestcamps entstanden, und natürlich ist sie seither auf den meisten Demonstrationen gegen die unsoziale Krisenpolitik der spanischen Regierung. „Doch irgendwie ist das alles frustrierend. Es ändert sich ja nichts“, meint sie nachdenklich. Díaz möchte weg. „Hier haben wir keine Zukunft“, da ist sie sich ganz sicher. Seit ein paar Monaten sucht sie nach einer Au-pair-Stelle in England. „Eine alleinstehende Mutter aus einem Vorort von London hat mir ausführlich geschrieben. Ich denke, das könnte klappen“, berichtet die junge Frau. Wohnen und Verpflegung sowie 400 Pfund bar auf die Hand wären das. „Und vor allem würde ich mein Englisch verbessern“, sagt Díaz. Ihr Ziel: „Ich werde alles tun, um im Ausland Fuß zu fassen. Vielleicht ein anderes Studium in der Tourismusbranche, wir werden sehen“, erzählt sie. Falls die Zusage kommt, wird sie im September ihre Koffer packen und auswandern, wie einst vor 50 Jahren auch ihre Großmutter. (Wandler) Matteo wird auch in diesem Spätsommer wieder als Helfer auf einem Weingut arbeiten. Wie im vergangenen Jahr und dem davor auch. Der 25-jährige Römer hat Architektur studiert, findet aber keinen Arbeitsplatz. Und das, obwohl er dazu bereit ist, die Stadt zu wechseln. Doch Arbeitsplätze sind rar in Italien, wo die landesweite Jugendarbeitslosigkeit bei knapp 26 Prozent liegt, im Süden sogar bei mehr als 50 Prozent. Matteo ist gezwungen, bei seinen Eltern zu leben. Sie finanzieren ihn, und deshalb nimmt er alle nur denkbaren Jobs an, um, wie er sagt, „nicht nur bei Mamma und Papa auf der Tasche zu liegen“. Er jobbt im Winter bei McDonald’s, im Sommer in einer Strandbar und dann in der Toskana auf einem Weingut. So verdient er pro Monat rund 500 Euro. An die Gründung einer eigenen Familie mit seiner Freundin Claudia, die einen Job als Zeichnerin in einem Architekturbüro gefunden hat – und auf 950 Euro netto pro Monat kommt –, ist dabei nicht zu denken. Die beiden können sich nicht einmal eine Miniwohnung in Rom leisten. Denn, klagt Matteo, „wer garantiert mir, dass ich auch weiterhin Jobs finde“. Matteo hofft, dass das nun von der Großen Koalition verabschiedete Jugendarbeitsprogramm, mit dem 200 000 Stellen geschaffen werden sollen, Erfolg hat. „Ich wäre ja schon mit einem klitzekleinen Arbeitsplatz zufrieden“, meint der junge Mann. Nach dem Studium, das Matteo mit 23 Jahren abschloss, erhielt er eine Praktikantenstelle, „unbezahlt natürlich“. An eine, auch zeitlich befristete, Anstellung in einem Architekturbüro ist derzeit nicht zu denken. „Aufgrund immer höherer Immobiliensteuern“, erklärt Matteo, „wird immer weniger gebaut, renoviert und restauriert.“ Die Folge: Im vergangenen Jahr haben rund 25 Prozent aller Architekturbüros dichtgemacht. Nachwuchsarchitekten stellt in so einer Zeit niemand ein. Dumm für Matteo. Seit einigen Monaten lernen er und seine Freundin dreimal in der Woche im römischen GoetheInstitut Deutsch. Sie hoffen, bald schon nach Deutschland gehen zu können, um dort ihr Glück zu versuchen. „In Italien“, sagt er, „nein, da sehe ich keine Zukunft mehr.“ (Mig) (© Jung, europäisch, arbeitslos, in: Sonntag aktuell v. 30.6.2013, S. 2) Arbeiten Sie die politischen und ökonomischen Ursachen für die hohe Arbeitslosigkeit bei den beiden Fallbeispielen heraus. Erläutern Sie, was die Jugendlichen unternehmen, um ihre Situation zu verbessern. Begründen Sie, welches Beispiel für Sie besonders prägend ist. Entwickeln Sie in Kleingruppen zwei bis drei Lösungsvorschläge für eines der Fallbeispiele zur Verbesserung der Situation. 1 2 3 4 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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