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Kontroverse 91 Kontra: Die Bundesregierung sollte nicht nach einem ausgeglichenen Budget streben Bisweilen wird bei den staatlichen Budgetdefiziten zu sehr dramatisiert, obwohl ja die Lage nach den erwähnten Generationenbilanzen alles andere als harmlos ist. In milderem Licht erscheinen die steigenden Staatsschulden, wenn man sie in Prozentanteile am persönlichen Lebenseinkommen der nacheinander lebenden Generationen umrechnet. In den USA kommt man dabei auf eine persönliche Last von weniger als 2 % vom Lebenseinkommen. Ein wenig irreführend ist es auch, die Budgetdefizite isoliert zu trachten. Das Budgetdefizit bildet jeweils nur einen kleinen Ausschnitt des großen Gesamtbildes von der Staatsaktivität. […] Nehmen wir als Beispiel eine Senkung des Budgetdefizits durch Einschnitte bei den Ausgaben für Bildung und Ausbildung. Wir geraten damit unversehens in die Tagespolitik aller deutschen Bundesländer und des Bundes hinein. Werden die jungen Leute mit den Kürzungen besser gestellt? Tendenziell wird die Schulden und Steuerlast zwar kleiner, wenn sie in das aktive Erwerbsleben eintreten, doch mit einer schlechteren Bildung und Ausbildung werden die Jugendlichen – sofern sie überhaupt eine Anstellung finden – weniger produktiv sein und weniger verdienen. Alles in allem wird eine Konsolidierung des Staatshaushalts durch Einschnitt in den Bildungsetat nachfolgende Generationen schlechter stellen. Einäugige Blicke auf das Budgetdefizit sind auch deshalb gefährlich, weil damit zahlreiche andere politische Maßnahmen aus dem Gesichtskreis geraten, mit denen ebenfalls in erheblichem Umfange zwischen den Generationen umverteilt wird. […] Näher einzugehen wäre auf die Stellung der Kinderlosen in den Sozialetats, auf die Konsequenzen der wirtschaftsbedingten Wanderungsbewegungen (Gastarbeiteranwerbungen und -verrentungen), auf die Entlastungen der Unternehmungen durch vorgezogenen Ruhestand sowie auf Konflikte zwischen den Prinzipien der Querschnitts und der Längsschnittsgerechtigkeit. Querschnittsgerechtigkeit zielt auf Umverteilungen zwischen Beitragszahlern und Rentnern in denselben Perioden, Längsschnittsgerechtigkeit meint den Vergleich der Lebenseinkommen der nacheinander lebenden Generationen. Vorausschauende Eltern vermögen die negativen Effekte staatlicher Budgetdefizite und staatlicher Regelungen der Umlageverfahren in der Rentenversicherung in gewissen Grenzen für ihre Kinder abzumildern. Womit? Durch Vermögensbildung selbstverständlich. Reiche Eltern sind die beste Vorsorge für wohlhabende Kinder! Dies ist eine Binsenweisheit mit nicht unerheblicher sozialpolitischer Brisanz in einer Demokratie. Bei Verteilungsfragen – auch jenen einer veränderlichen relativen Belastung der Generationen – ist stets auf Phänomene der Streuung und der Konzentration einzugehen, Überlegungen anhand arithmetischer Mittel und Summen führen fast immer in die Irre. […] Kritiker der Budgetdefizite sind manchmal der Ansicht, die Steigerung der Staatsverschuldung könne ja nicht ständig weitergehen. Sie kann! Ebenso wie sich eine Bank mit Blick auf die Einkommensentwicklung eines Kreditnehmers dazu entschließen mag, den Kreditrahmen immer weiter auszudehnen, kann auch die Staatsverschuldung am ständig wachsenden Volkseinkommen gemessen und die Zunahme toleriert werden. Noch in den Achtzigerjahren war aus den deutschen großen Volksparteien zur Rechtfertigung der steigenden Staatsverschuldung zu hören, wachsende Unternehmungen müssten ja auch in zunehmendem Maße mit Fremdkapital arbeiten. Solange die Wachstumsrate der Staatsschulden niedriger ist als die Wachstumsrate des Volkseinkommens, wird man in einer marktwirtschaftlichen Demokratie keinen Umschwung der politischen Einstellung in der Frage der Staatsverschuldung erwarten oder herbeiführen können. (Gregory Mankiw/Mark P. Taylor, a. a. O., S. 1083 f.) 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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