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133 4.1 Das Grundgesetz – Grundrechte und Grundwerte 55 60 65 70 75 80 und einer Verfassungsgerichtsbarkeit kann auch der von Alexis de Tocqueville und John Stuart Mill in der Mitte des 19. Jahrhunderts beschworenen Gefahr einer Tyrannei der Mehrheit begegnet werden. Individuen und Minderheiten müssen sich nicht bedingungslos einer Mehrheit beugen, die sich ja auch irren kann. Leben, Freiheit und Eigentum genießen den Schutz des Rechtes. Individuelle Freiheit und demokratische Selbstregierung lassen sich in der modernen Demokratie miteinander vereinbaren. [...] Demokratien haben auch gelernt, mit grundlegenden gesellschaftlichen Problemen umzugehen. Sie können besser als nicht-demokratische Systeme zwischen Staat und Gesellschaft vermitteln. Durch Repräsentativität und Responsivität ihrer Institutionen greifen sie Problemlagen aus der Gesellschaft auf und entschärfen sie, indem sie sie zu allgemein verbindlichen Entscheidungen verarbeiten. So hat sich durch die Entwicklung wohlfahrtsstaatlicher Maßnahmen in Reaktion auf die „soziale Frage“ beispielsweise die soziale Demokratie herausgebildet. Gleichwohl vermag die Demokratie keineswegs alle Probleme zu lösen. Immer wieder wird ihr vorgehalten, dass sie nur die gut organisierten und machtvoll artikulierten Interessen berücksichtige und dabei nur die kurzfristigen Ziele, nicht aber das nachhaltige Gemeinwohl, auch nicht die Belange nachfolgender Generationen im Auge habe. Das mag in der Tat eine Achillesferse der Demokratie sein, aber ein prinzipieller Einwand gegen diese Herrschaftsform ist es nicht. Die Demokratie ist die einzige Herrschaftsform, die es den Bürgern erlaubt, Regierende zu sanktionieren, ohne das politische System selbst beseitigen zu müssen. Politische Führung kann ausgewechselt werden, weil es in der Demokratie nur Herrschaft auf Zeit gibt. [...] Und vor allem: Nur der Wille der Bürgerinnen und Bürger, artikuliert in Wahlen und Abstimmungen, begründet und legitimiert die Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen. Nur die Demokratie bietet den Menschen die Chance, sich umfassend an Willensbildung und Entscheidungsfi ndung zu beteiligen, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Denn – schon die alten Griechen wussten es, als sie die Demokratie erfanden –: Die Politik ist vor allem die Sache ihrer Bürgerinnen und Bürger. Hans Vorländer, Demokratie – die beste Herrschaftsform, in: Demokratie Information zur politischen Bildung Nr. 284/2004, S. 56 ff. 20 25 30 35 40 45 50 Formen der Demokratie Es gibt unterschiedliche Formen der Demokratie. Eine Form ist die direkte Demokratie, bei der das Volk (z. B. in Gestalt einer Volksversammlung) die Staatsgewalt unmittelbar (das heißt direkt) ausübt. Es entscheidet mit Volksabstimmungen („Plebiszit“) über alle politisch wichtigen Anliegen, einschließlich der Wahl und Abwahl wichtiger Amtsträger in Staat und Gesellschaft. Im Gegensatz zur direkten Demokratie wird die Herrschaft in der repräsentativen Demokratie mittelbar (das heißt indirekt) über vom Volk gewählte „Abgeordnete“ ausgeübt. Diese sind „Repräsentanten“ des Volkes und sollen für dieses in eigener Verantwortung zeitlich befristet handeln, wobei ihr Auftrag sich in regelmäßig stattfi ndenden Wahlen bewähren muss und erneuert werden kann. Bearbeiter Aufgaben zu Aufgabe 2 Erläutert den Unterschied zwischen horizontaler und ver tikaler Gewalten teilung. 1. Untersucht die Texte in M 7a auf jene politischen Verhältnisse in Nordkorea, die nicht den Staatsprinzipien des Grund gesetzes der Bundesrepublik Deutschland entsprechen. 2. Stellt Vorund Nachteile einer demokratischen Herrschaft tabellarisch gegenüber und beurteilt, ob Hans Vorländer mit seiner Bewertung von Demokratie uneingeschränkt Recht hat (M 7a – 7c). Nu r z ur P rü fzw ec ke n Ei ge nt um es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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