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23 1.1 Die Welt der Unternehmen 45 50 55 60 65 70 75 80 85 Skandale, bei denen herauskommt, warum unsere T-Shirts Schnäppchen sind, wer die Dämpfe beim Färben einatmet oder wer sich da eigentlich abrackert für das neue Smartphone, die Turnschuhe, die Spielsachen. So ein Skandal ist schwer abzuschütteln. Ein Unternehmen kann ihn vertuschen, es kann Besserung geloben oder auf das Vergessen hoffen. […] Kalpana ist eins von diesen Kindern, von einem dieser Felder, aus einer dieser Hütten. Dicke, schwarze Zöpfe fallen ihr über die Schulter, sie ist 14 Jahre alt, ihre Augen sind älter; Kummer und Scheu im Blick. Arbeit kann sie überall fi nden: bei Bayer, Monsanto oder einfach auf dem nächsten Acker. Die Arbeit ist überall die gleiche. Mit acht Jahren hat sie auf den Feldern angefangen. In dem Alter fangen die meisten an. Sie sind dann so groß wie die Baumwollpfl anzen, wenn sie erste Blüten treiben. Dann ist die Zeit der Kinder. Jede Narbe muss mit Pollen einer anderen Sorte bestrichen werden, dann bildet sie mehr Samen. Das Saatgut für Firmen wie Bayer. Das Bestäuben gelingt nur mit der Hand, am besten mit einer, die sehr klein ist. Wenn in den Schulen zur ersten Stunde geläutet wurde, stand Kalpana zusammen mit anderen Kindern unter der heißen Sonne über den pieksenden Sträuchern. Die Pfl anzen atmeten Pestizide aus, die Kinder atmeten sie ein. Wie lange sie dort stand, weiß Kalpana nicht, sie sagt: „Lang.“ 14 Stunden dauert so ein Tag in der Regel. Die Kinder bekommen Schmerzen, in den Gliedern, im Kopf, und Geschwüre an den Händen. Das Geld bekommen andere. Viele Kinder werden sehr krank. Manche sterben. Bayer beschließt, das Saatgutgeschäft in Indien zu behalten. Es kann doch nicht so schwer sein, alles in den Griff zu kriegen, denken die Deutschen. Der damalige Bayer-Vorstand Werner Wenning lässt Kurzawa eine Taskforce aufstellen. Und in Indien sagt Joshis Vorgesetzter: „Kümmere du dich um diese Geschichte.“ […] Nun fährt er auf die Felder, wo er Mädchen wie Kalpana trifft. Er sagt, es ist ein Unterschied, von diesen Kindern zu wissen und sie dann tatsächlich zu sehen. […] Geld spielt eine entscheidende Rolle im Konzept von Joshi und Bayer. Verbieten hat nichts gebracht, aufklären kaum etwas. „Uns war irgendwann klar, es kann nur über die Profi te funktionieren“, sagt Joshi. Eine einfache Erkenntnis eigentlich, die Kritiker und NGOs schon lange predigen: Würden die Abnehmer die Farmer besser bezahlen, müssten die ihre Kinder nicht zur Arbeit schicken. […] Bayer hat sein Kinderschutzprogramm inzwischen zum Wettbewerbsvorteil gemacht. Farmer, die unterzeichnen und nachweislich keine Kinder beschäftigen, bekommen nicht nur einen Bonus auf den üblichen Abnahmepreis. Sie werden auch geschult. Darin, wie sie ihre Felder bewässern können, welcher Dünger sich eignet und welche Form der Schädlingsbekämpfung. „Die meisten Landwirte machen ihre Ernten allein vom Regen abhängig und verlieren unheimlich viel“, sagt Joshi. „Allein ein Bewässerungssystem kann wahnsinnig viel 90 95 100 105 110 115 120 125 130 „Kontrollen alleine sind nicht genug. Kinderarbeit kann dauerhaft nur durch einen integrierten Ansatz verhindert werden.“ Suhash R. Joshi, Leiter Child Care Program Nu r z ur P rü fzw ec ke n Ei g nt um d e C .C . B uc h er V er la gs | |
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