Volltext anzeigen | |
Kompetent in Wirtschaft & Recht erweitern – vertiefen – anwenden Farmer Tinie Causby aus North Carolina hatte im Jahr 1945 den Verlust einiger Hühner zu beklagen. Tief ieger der U.S. Air Force über der Ranch der Causbys hatten die Tiere so verängstigt, dass sie, wie der Sheriff später feststellte, gegen die Scheunenwand flogen und beim Aufprall starben. Tinie Causby verklagte die Vereinigten Staaten, und zwar mit Recht. Das Grundeigentum der Farmer in den USA umfasste traditionell nicht nur den Boden unter der Immobilie, sondern auch die Luft darüber. Wie weit nach oben, ob bis zu den Sternen, darüber allerdings stritten die Rechtsgelehrten noch. Doch bis in Flughöhe war die Sache klar: Der Überflug der Air Force, keine Frage, war demnach Hausfriedensbruch. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten nahm sich der Sache an. Es sei, erkannte der weise Richter Douglas, „eine alte Lehrmeinung, dass gesetzmäßiger Grundbesitz bis an den Rand des Universums reicht“. Causby könne seine Klage gleichwohl nicht gewinnen: „Der gesunde Menschenverstand revoltiert bei dem Gedanken.“ Das hochreichende Recht auf Eigentum, erkannte der Jurist, stamme aus den Zeiten, als die Menschen noch nicht glaubten, dass sie fliegen können. Würde man es weiter gelten lassen, müsste der Sheriff alle Flug zeuge wegen Hausfriedensbruch verhaften. Der weise Richter Douglas und der schrullige Farmer Causby: Die Anekdote aus dem vorigen Jahrhundert begeistert die Netzwelt. Lawrence Lessig, streitbarer Rechtsprofessor von der Stanford-University, hat die Geschichte ausge graben, um seinen Jüngern und sei nen Gegnern zu erklären, wie es funktioniert, wenn der Fortschritt und das Recht zusammenstoßen. Das Recht muss weichen. Das Recht muss dem Fortschritt weichen: Diese ist die griffige Formel einer online und ofine um sich greifenden Rebellion. Software-Entwickler und Hacker, Musik-Fans und Künstler, Juristen und Wissenschaftler machen mobil gegen das Urheberrecht. Die Causbys, das sind die anderen: die Verleger, die Musikproduzenten, die Multis, die unter Berufung auf ihre angestammten Rechte an den Ideen und der Musik und dem Wissen sich dem Fortschritt entgegenstemmen, der sich global im Netz manifestiert. „Die Causbys konnten sich auf ihre Farmen stellen, tote Hühner in der Hand, und ihre Fäuste gegen diese neumodischen Techniken schwingen, so viel sie auch wollten“, tönt der Wortführer Lessig, „gegen einen offensichtlichen Gemeinnutz hatte ihr Privatinteresse keine Chance.“ Hohe Töne, als würde mit der Freiheit im Internet der Traum vom Fliegen ein zweites Mal durchgekämpft: Die Befreiung von der Erdenschwere des „geistigen Eigentums“ bedeutet nicht nur die Legalisierung von Tauschbörsen und die Öffnung der Software-Quellcodes. Die große Idee: grenzenlose Freiheit im Netz, Freiheit schlechthin. Irgendwie „kommunistisch“ klinge dies, hieß es kürz lich in einem Vortrag aus der Zentrale eines SoftwareUnternehmens. Soll es ja auch: Ein großer SoftwareMulti gilt den Kri tikern als Beispiel, wie sich wenige Kapita listen die Pro duktionsmittel der Wissensgesellschaft unter dem Schutz des Urheberrechts angeeignet haben und nun die Geistesproletarier erbarmungslos ausbeuten. Das Netz hat das Recht des Wissenskapitalismus fragwürdig gemacht. „Man muss blind sein, um nicht zu merken, dass die Tage des Urheberrechts gezählt sind“, sagt der niederländische Kunstökonom Joost Smiers. Das „Urheberrecht war ein Geschäftsmodell für eine kurze Spanne des 20. Jahrhunderts“, tönt Rasmus Fleischer, der Mitbegründer einer der größten Tauschbörsen in Schweden (...). Zwei Urheberrechtsnovellen mussten die Deutschen unter dem Druck Brüsseler Vorgaben ins Werk setzen, um die von der Musikindustrie verdammten Downloads zu bekämpfen. Jedes Angebot und praktisch auch jeder Konsum von Musik im Netz außerhalb der kommerziellen lizenzierten Marktplätze ist verboten und kann verfolgt werden. Nach: Thomas Darnstädt, Die Gratis-Kultur, www.spiegel.de/netzwelt (22.11.2007) M1 Muss das Recht dem Fortschritt weichen? 45 50 55 60 65 70 75 80 5 10 15 20 25 30 35 40 204 2058 Die Eigentumsordnung 7.1 xxx8.3 Die Fortentwicklung des Eigentumsrechts Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um de s C .C . B uc hn r V rla gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |