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102 5 Der Euro – Chancen und Grenzen der Gemeinschaftswährung 5.1.3 Der Euro – eine Erfolgsgeschichte? M 10 Roman Herzog über die Bedeutung des Euro Die Zeit der nationalen Wirtschaften ist lange vorbei. Die deutschen Bürger, die fürchten, ihre harte Mark in der Währungsunion zu verlieren, argumentieren durchaus aus einer berechtigten Position. Aber sie müssen sich auch sagen lassen, dass die Härte dieser Mark schon heute nicht allein in der Hand der Deutschen Bundesbank liegt. Sie hängt auch von der Offenheit ausländischer Märkte für deutsche Exporte ab, die allein 30 % des deutschen Bruttosozialprodukts ausmachen. Und mehr als zwei Drittel aller deutschen Exporte gehen wiederum in europäische Länder. Mit anderen Worten: Die Härte der DM war stets auch ein Gewinn, der der wirtschaftlichen Integration Europas zu verdanken war. […] Abwertungs wettlauf Konkurrenz zwischen Staaten um Geldentwertung, um die eigenen Exporte gegenüber den Handelspartnern zu verbilligen und damit den Absatz anzuheizen sowie um sich durch die Ausweitung der Geldmenge auf Kosten anderer zu entschulden Deflation Wertsteigerung des Geldes mit dem großen Nachteil der Einnahmerückgänge von Unternehmen durch Preisverfall Depression schweres und meist lang anhaltendes Konjunkturtief Protektionismus Schutz der im Land hergestellten Güter vor Wettbewerbern aus dem Ausland, z. B. durch Importzölle M 11 Was soll die Gemeinschaftswährung bringen? Die Währungsunion soll der Europäischen Union ökonomische und politische Vorteile bringen. Das naheliegendste ökonomische Argument liegt im Wegfall der Kosten beim Umtausch von Währungen. Die einheitliche Währung spart Auslandsreisenden und Unternehmen im Außenhandel Zeit, Geld und Mühe. Dieser Vorteil ist nicht trivial, aber das zentrale ökonomische Argument für die Währungsunion ist ein anderes: die Ergänzung des einheitlichen Binnenmarkt (vgl. Kap. 4.1.1). […] Die Währungsunion vervollkommnet den Binnenmarkt, denn sie sorgt endgültig für stabile und klare Währungsverhältnisse in Europa. • Die EU-Länder wickeln den größten Teil ihres Außenhandels untereinander ab. Dieser Teil des Außenhandels wird durch die EWU für immer vom Wechselkursrisiko befreit. Aber nicht nur der Handel, auch Investitionen werden durch die gemeinsame Währung erleichtert. Die Planungssicherheit für Unternehmen steigt, Investitionsentscheidungen werden innerhalb des EWU-Raums nicht mehr von schwer berechenbaren Wechselkursentwicklungen beeinflusst. • Die gemeinsame Währung macht den Binnenmarkt unabhängig von stets möglichen Turbulenzen auf den Weltdevisenmärkten. Massive Wechselkursveränderungen vor allem zwischen dem US-Dollar und der D-Mark haben in den 70er-, 80erund frühen 90er-Jahren immer wieder Unruhe in das europäische Wirtschaftsgeschehen hineingetragen. Selbstverständlich kann der Euro gegenüber dem US-Dollar stark schwanken, aber innerhalb des Euro-Raums bleiben die Währungsverhältnisse dann unverändert, weil von Lappland bis Sizilien der Euro gilt. • Die gemeinsame Währung erhöht die Markttransparenz im Binnenmarkt. […] Der [dadurch] vermehrte Wettbewerb kommt auch der Preisstabilität zugute, 5 10 15 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Ich will auch sagen, was droht, wenn wir diesen Weg [zur Gemeinschafts währung] nicht gemeinsam finden. Es drohen Abwertungswettläufe, Handelskriege, Protektionismus, Renationalisierung der Wirtschaftspolitik, Deflation, vielleicht sogar Depression. Roman Herzog (damaliger Bundespräsident) vor dem Europäischen Parlament in Straßburg, 10.10.1995 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B ch ne r V er la gs | |
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