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98 5 Der Euro – Chancen und Grenzen der Gemeinschaftswährung M 9 Sind die Reformauflagen der EU wirksam und legitim? a) Sparmaßnahmen unwirksam und illegitim Seit […] Jahren haben verschiedene griechische Regierungen Reformen umgesetzt, die ihnen von der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Europäischer Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) als Bedingungen für Kredite aufgezwungen wurden. Das formulierte Ziel war es dabei, den Schuldenstand Griechenlands auf ein „tragfähiges“ Niveau zu senken. Doch hat die Austeritätspolitik, also die enormen Kürzungen öffentlicher Ausgaben, Lohnkürzungen, Entlassungen und Privatisierungen genau das Gegenteil bewirkt: Heute sind die Schulden noch höher als vor Beginn der Troika-Maßnahmen. Und trotzdem musste die griechische Bevölkerung die Krise mit enormen Entbehrungen bezahlen. Im Jahr 2009, vor Beginn der Troika-Diktate, lag die Staatsschuldenquote Griechenlands bei 126,8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). […] 2014 betrug sie ganze 176,3 %, das sind 49,5 Prozentpunkte mehr! Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe: Den weiteren Anstieg der Schulden in absoluten Zahlen (also in Euro) und den Einbruch […] der Wirtschaftsleistung Griechenlands. [Letztere ist] von 2009 bis 2014 um ganze 22 % geschrumpft […]. [J]e mehr ein Staat in Krisenzeiten „spart“, desto stärker ist auch die Rezession ausgeprägt. All dies zeigt deutlich, dass die Krisenpolitik der Troika nicht nur sozial verheerend war, sondern auch wirtschaftlich katastrophal. Anstatt die vorgeblichen Ziele zu erreichen, hat sie die Krise enorm verschärft. Kein Wunder: Durch die strikte und unsoziale Kürzungspolitik sowie die erzwungenen Lohnsenkungen wurde die Binnennachfrage abgewürgt und jede Möglichkeit einer wirtschaftlichen Erholung im Keim erstickt. Griechenland wurde in einen Teufelskreis aus Ausgabenkürzungen, negativem Wirtschaftswachstum und geringeren Steuereinnahmen getrieben. […] Die Erwerbslosenquote hat sich von 12,7% (2010) auf 25,8% (Nov. 2014) mehr als verdoppelt und unter Jugendlichen ist sie gar auf 50,8% gestiegen. Dadurch haben die Menschen weniger Geld in den Taschen: Das Durchschnittseinkommen ist von 13.974 Euro pro Jahr (2010) auf 9.303 (2013) zurückgegangen (-33,4 %). Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Factsheet 2/4, 3.4.2015, www.linksfraktion.de Die Autoren sind Bundestagsabgeordnete der linksfraktion. Austerität strenge Sparpolitik eines Staates mit der Beschränkung auf das Notwendigste in den öffentlichen (z. B. in der Verwaltung) und privaten Haushalten Rezession rückläufige Wirtschaftsleistung/Abnahme des Bruttoinlandsprodukts; In Europa spricht man von Rezession, wenn das BIP eines Quartals niedriger ausfällt als das BIP des gleichen Vorjahresquartals. Privatisierung von Staatsbesitz U. a. zur Schuldentilgung sollte der Verkauf griechischen Staatsbesitzes 50 Mrd. Euro einbringen. Allerdings konnten bisher lediglich Hotelanlagen u. Ä. verkauft werden. Die umstrittenen Verkäufe von Einrichtungen der öffentlichen Daseinsfürsorge (Gas-, Strom-, Wasserunternehmen) wurden durch Teile der Regierung und Gewerkschaften gestoppt, die Privatisierung von Infrastruktureinrichtungen (Flughäfen, Eisenbahn) scheiterten bisher eher an den hohen Schulden dieser Firmen sowie am hohen Investitionsbedarf. Rentenreform • Mindestrente von 384 Euro nach 15 Beitragsjahren; nach 40 Beitragsjahren 60 % des letzten Gehalts • Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre • Senkung der max. Rentenhöhe von 2.700 auf 2.300 Euro/Monat • Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge (v. a. für Landwirte und Selbstständige) von 7 % auf 20 % • sehr umstritten als Bedingung für ESMHilfskredite Autorentext c) Ausgewählte Bausteine: Privatisierung und Renten 5 10 15 20 25 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d s C .C . B uc h er V er la gs | |
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