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1211.3 Mauerfall und „Wende“ in der DDR 1989 Propaganda statt Reformen Schon 1976 hatte sich die DDR mit umgerechnet 2,6 Milliarden Euro verschuldet, damals ein Staatsgeheimnis, das nur Honecker und einigen Vertrauten bekannt war. 1989 entsprach die Auslandsverschuldung von 25 Milliarden Euro bereits dem volkswirtschaftlichen Nettoprodukt eines Jahres. Der wirtschaftliche Zusammenbruch war nur eine Frage der Zeit. Das Honecker-Regime war mit seiner „Einheit von Wirtschaftsund Sozialpolitik“ gescheitert, änderte jedoch nichts an den viel zu hohen Ausgaben für den Sozialstaat. Die Regierung rührte weder an den subventionierten Mietpreisen noch an der Höhe der Löhne oder an den Arbeitsplätzen. Künstlich wurden damit Vollbeschäftigung und eine gute Versorgung aufrechterhalten. „Künstlich“ bedeutete: „auf Pump“ und unter Verschweigen der tatsächlichen Situation. Die oberste Staatsund Parteispitze wiegte die breite Bevölkerung mit gefälschten Bilanzen und Durchhalteparolen in Sicherheit. So verkündete die SED-Führung im Oktober 1988 feierlich das Erreichen ihres Zieles, drei Millionen neue Wohnungen seit 1976 gebaut zu haben. Tatsächlich waren erst 1,9 Millionen Wohnungen fertiggestellt (mitgezählt wurden dabei auch Wohnheimplätze für Senioren und Studenten). Die Propaganda übertönte jede Kritik, selbst innerhalb der SED. Sie wirkte nicht zuletzt im westlichen Ausland, wo man die Missstände in der DDR kaum wahrnahm. Dabei halfen populäre Maßnahmen und Inszenierungen wie die Einweihung des modernen Sportund Erholungszentrums in Ost-Berlin (1981) oder der Wiederaufbau der Semperoper in Dresden. Das Bild von der erfolgreichen DDR überdauerte damit die Wirklichkeit, vor allem in den Köpfen der Machthaber. Das DDR-Regime zeigte sich unfähig zu Reformen und wurde zum Opfer seiner eigenen Selbsttäuschung. Wachsende Kritik von Friedensund Umweltgruppen in der DDR Die Krise der kommunistischen Herrschaft in der DDR entzündete sich nicht nur am Versagen der Ökonomie. Den Boden für den Massenprotest des Jahres 1989 bereiteten oppositionelle Gruppierungen, die seit den frühen 1980er-Jahren mit wachsendem Selbstbewusstsein das Regime herausforderten, aber auch viele einzelne Bürger, die unter Berufung auf die von der DDR 1975 unterschriebene KSZE-Schlussakte1 ihre Menschenrechte einforderten. Anfangs waren es vor allem Friedensund Umweltgruppen, die unter dem Schutz der Kirchen einen Freiraum von staatlicher Erziehung schufen und die ökologische Krise, die offi ziell ignoriert wurde, zur Sprache brachten. Zunächst entstanden diese o Zahlungen der Bundesrepublik an die DDR um 1980 (Schätzung). Nach: Die Fischer Chronik. Deutschland, a. a. O., Sp. 711 p Analysieren Sie die Statistik mithilfe der Leitfragen auf Seite 256. Transitpauschale für den Verkehr nach West-Berlin 525 Mio. DM Sonstiges (u.a. Zwangsumtausch) 138 Mio. DM Binnenschifffahrt 45 Mio. DM Eisenbahn 45 Mio. DM Transitstrecken (Straßen und Autobahnen) 347 Mio. DM 1 Siehe hierzu Seite 118 f. 32017_1_1_2016_Kap1_114-137.indd 121 04.05.16 10:38 Nu r z u Pr fzw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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