Volltext anzeigen | |
1331.3 Mauerfall und „Wende“ in der DDR 1989 Theologen Peter Zimmermann sowie der Sekretäre der SED-Bezirksleitung Kurt Meyer, Jochen Pommert und Roland Wötzel wurde um 18 Uhr auch vom Sender Leipzig und etwa eine Stunde später vom Stadtfunk ausgestrahlt. Die engagierte wie couragierte Wortmeldung hat unzweifelhaft beigetragen zum friedlichen Verlauf dieses Tages, ohne jedoch die voreilig bescheinigte entscheidende Rolle gespielt zu haben. Einzig die geballte Kraft der siebzigtausend angsterfüllten und dennoch nicht weichenden Menschen in der Innenstadt und auf dem Ring erzwang um 18.25 Uhr den endgültigen Rückzug der bewaffneten Einheiten. Jene Namenlosen meinte wohl Christoph Hein, als er vorschlug, Leipzig zur „Heldenstadt der DDR“ zu ernennen. Wolfgang Schneider, Leipziger Demontagebuch, Leipzig 1990, S. 71 f. 1. Analysieren Sie verschiedene Gefahrenmomente im Verlauf des Tages. 2. Diskutieren Sie darüber, aus welchen Gründen die SEDFührung auf den Einsatz von Gewalt verzichtet hat. M9 Gibt es eine Zukunft für die Deutsche Demo kratische Republik? Bei einer Großkundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz am 4. November 1989 rufen Schriftsteller und Künstler der DDR (u. a. Christa Wolf, Heiner Müller und Stefan Heym) zu einem eigenständigen Weg ihres Staates auf. Anschließend veröffentlichen sie am 26. November 1989 den Appell „Für unser Land“: Unser Land steckt in einer tiefen Krise. Wie wir bisher gelebt haben, können und wollen wir nicht mehr leben. Die Führung einer Partei hatte sich die Herrschaft über das Volk und seine Vertretungen angemaßt, vom Stalinismus geprägte Strukturen hatten alle Lebensbereiche durchdrungen. Gewaltfrei, durch Massendemonstrationen hat das Volk den Prozess der revolutionären Erneuerung erzwungen, der sich in atemberaubender Geschwindigkeit vollzieht. Uns bleibt nur wenig Zeit, auf die verschiedenen Möglichkeiten Einfl uss zu nehmen, die sich als Auswege aus der Krise anbieten. Entweder können wir auf der Eigenständigkeit der DDR bestehen und versuchen, mit allen unseren Kräften und in Zusammenarbeit mit denjenigen Staaten und Interessengruppen, die dazu bereit sind, in unserem Land eine solidarische Gesellschaft zu entwickeln, in der Frieden und soziale Gerechtigkeit, Freiheit des Einzelnen, Freizügigkeit aller und die Bewahrung der Umwelt gewährleistet sind. Oder wir müssen dulden, dass, veranlasst durch starke ökonomische Zwänge und durch unzumutbare Bedingungen, an die einfl ussreiche Kreise aus Wirtschaft und Politik in der Bundesrepublik ihre Hilfe für die DDR knüpfen, ein Ausverkauf unserer materiellen und moralischen Werte beginnt und über kurz oder lang die Deutsche Demokratische Republik durch die Bundesrepublik vereinnahmt wird. Lasst uns den ersten Weg gehen. Noch haben wir die Chance, in gleichberechtigter Nachbarschaft zu allen Staaten Europas eine sozialistische Alternative zur Bundesrepublik zu entwickeln. Noch können wir uns besinnen auf die antifaschistischen und humanistischen Ideale, von denen wir einst ausgegangen sind. Alle Bürgerinnen und Bürger, die unsere Hoffnung und unsere Sorge teilen, rufen wir auf, sich diesem Appell durch ihre Unterschrift anzuschließen. Blätter für deutsche und internationale Politik, Januar 1990, S. 124 f. 1. Erläutern Sie die grundlegende Alternative der zukünftigen Politik, die die Verfasser sehen. 2. Erörtern Sie die Einstellung zum alten System der DDR, die sich darin spiegelt. i Transparent der Demonstration vom 4. November 1989 in Berlin. Format: 60 x 129 cm. p Einige der Losungen, die auf den Transparenten während der Berliner Großkundgebung zu lesen waren, fi nden Sie unter dem Code 32017-13. Arbeiten Sie die in den Losungen kritisierten Missstände heraus und erläutern Sie diese anschließend. 45 50 55 5 10 15 20 25 30 32017_1_1_2016_Kap1_114-137.indd 133 04.05.16 10:38 Nu r z u Pr üf zw ec k Ei ge tu m de s C .C . B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |