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157Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg 9. August […] Die neuen Deutschen führen sich bei uns immer dreister auf, sie übernehmen polnische Läden, viele Bürger haben sie aus ihren Wohnungen vertrieben, aus den Wohnungen haben sie Hotels und Restaurants gemacht und wozu sie sie sonst brauchen konnten. […] 14. Oktober […] Die angesiedelten Deutschen machen sich immer mehr breit. […] Aber man kann überall sehen, dass sich die Deutschen nicht allzu sicher fühlen. Die Dorfführer haben Angst, zuhause zu übernachten. Alle Angesiedelten sprechen ständig davon, dass sie so schnell wie möglich „nach Hause“ möchten. Zitiert nach: Grzegorz Hryciuk, Mal/gorzata Ruchniewicz, Boz˙ena Szaynok und Adrzej Z˙bikowski, a. a. O., S. 165 f. (Quelle: Zygmunt Klukowski, Zamojszczyzna, Bd. I: 1918 1943, Warschau 2007, S. 315 381) 1. Erläutern Sie, wie die Deportation der ansässigen Bevölkerung und die Ansiedlung von „Volksdeutschen“ im Gebiet von Zamos´c´ ablief. 2. Interpretieren Sie, wie es den „Volksdeutschen“ erging, die in dieses Gebiet umgesiedelt wurden. 3. Überprüfen Sie auf der Grundlage einer zusätzlichen Internetrecherche, warum die „Aktion Zamos´c´“ Ende 1943 scheiterte. Stellen Sie Ihr Ergebnis in einem Kurzreferat vor. M5 „Volksdeutsche“ Umsiedler Die Historikerin Isabel Heinemann schildert das Schicksal der „Volksdeutschen“, die nach Deutschland und in von Deutschland besetzte Gebieten umgesiedelt worden sind: Der NS-Staat postulierte das vollständige Aufgehen der „Volksdeutschen“ in der „Volksgemeinschaft“1, doch von einer Integration der Gruppe bis 1945 kann nur sehr bedingt gesprochen werden. Einigen gelang als Siedler unter deutscher Besatzung oder als Angehörige deutscher Institutionen der Aufbau einer (befristeten) neuen Existenz, doch verharrte das Gros der „volksdeutschen“ Umsiedler bis 1945 (und vielfach darüber hinaus) in Lagern. Anstatt den erhofften eigenen Hof in Danzig-Westpreußen oder im „Warthegau“ zu bewirtschaften, arbeiteten viele „Volksdeutsche“ als Landarbeiter auf fremden Höfen oder als Arbeiter in der (Rüstungs-) Industrie des „Altreiches“. Auch wenn der NS-Staat vorgab, nach einmal erwiesener „rassischer Eignung“ grundsätzlich nicht mehr zwischen den deutschen Reichsbürgern zu differenzieren, sah die Realität gerade für die „Volksdeutschen“ anders aus: Am besten gelang die Integration noch den Zuwanderern aus Estland und Lettland, da sie die erste große Umsiedlergruppe bildeten, zugleich über ein vergleichsweise hohes Ausbildungsniveau verfügten und/oder großen Besitz zurückgelassen hatten, für den sie entsprechend entschädigt wurden. Die anderen Zuwanderer, insbesondere aus Ostpolen, der Sowjetunion und Rumänien hatten es im Reich und den besetzten Gebieten sehr viel schwerer: Sie kamen, als kaum noch Siedlerstellen vergeben werden konnten, waren oft arm und schlecht ausgebildet. Viele hatten darüber hinaus Probleme mit der deutschen Sprache und der nationalsozialistischen „Leitkultur“. Das machte sie umgehend als Angehörige einer Minderheit kenntlich und führte dazu, dass die Einheimischen sie abschätzig als „Polen“, „Russen“ oder „Rumänen“ betrachteten. Das Lamento über „rassisch untaugliche“ und „undeutsch“ auftretende „Volksdeutsche“ durchzieht auch die Berichte der Umsiedlungsinstanzen der SS. Isabel Heinemann, „Volksdeutsche“ Umsiedler in Deutschland und in von Deutschland besetzten Gebieten im Zweiten Weltkrieg, in: Klaus J. Bade, Pieter C. Emmer, Leo Lucassen und Jochen Oltmer (Hrsg.), Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Paderborn 2007, S. 1081 1087, hier S. 1085 1087 1. Fassen Sie zusammen, wie es nach Isabel Heinemann um die Integration der „volksdeutschen“ Umsiedler bestellt war. 2. Setzen Sie Heinemanns Ausführungen in Beziehung zu den in M4 geschilderten Erfahrungen der „Volksdeutschen“. 3. Beurteilen Sie das Schicksal der „volksdeutschen“ Umsiedler. Berücksichtigen Sie dabei auch, inwiefern die nationalsozialistische Vorstellung einer „Heim ins Reich“-Bewegung der Realität der Umsiedlung entsprach. 4. Die „Volksdeutschen“ selbst verstanden sich nach dem Krieg zumeist als „Opfer“ der nationalsozialistischen Politik. Doch wird man dem Schicksal der „volksdeutschen“ Minderheiten in Ostund Südosteuropa nicht gerecht, wenn man nicht auch ihre Begeisterung für das NS-Regime und ihre Kollaborationsbereitschaft berücksichtigt. Erörtern Sie die Frage, ob die „volksdeutschen“ Umsiedler „Opfer“ der nationalsozialistischen Politik waren. 1 „Volksgemeinschaft“: nach der völkischen Weltanschauung und Propaganda die soziale Einheit aller Deutschen unabhängig von Stand, Beruf und Konfession. Gemäß den rassistischen Vorstellungen des Nationalsozialismus zählten zur „Volksgemeinschaft“ weder Juden, Roma und Sinti, noch Homosexuelle und „Asoziale“. 40 45 50 5 10 15 20 25 30 32017_1_1_2016_Kap2_138-203.indd 157 04.05.16 10:39 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C. C. B uc hn er V er la gs | |
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