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163Flucht und Vertreibung der Deutschen von 1945 bis 1949 5 10 15 20 25 1. Beschreiben Sie die in M4 dargestellte Vertreibung einer deutschen Familie. 2. Setzen Sie M2, M3 und M4 in Beziehung und erläutern Sie, wie die „wilden Vertreibungen“ durchgeführt wurden. 3. Vergleichen Sie M2 und M4 miteinander, indem Sie die unterschiedlichen Sichtweisen darlegen. 4. Interpretieren Sie, warum der Umsiedler das Blatt mit der Aufschrift „Von einem Polen übernommen“ für „magisch“ (siehe Zeile 17 f.) hält. M5 „Ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile“ Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 fi ndet im Potsdamer Schloss Cecilienhof ein Treffen der drei alliierten Siegermächte Sowjetunion, USA und Großbritannien statt, um das weitere Vorgehen nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa zu klären. Im Protokoll der Konferenz vom 2. August heißt es im Artikel XIII: Die Konferenz erzielte folgendes Abkommen über die Ausweisung Deutscher aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn: Die drei Regierungen haben die Frage unter allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, dass die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muss. Sie stimmen darin überein, dass jede derartige Überführung, die stattfi nden wird, in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll. Da der Zustrom einer großen Zahl Deutscher nach Deutschland die Lasten vergrößern würde, die bereits auf den Besatzungsbehörden ruhen, halten sie es für wünschenswert, dass der alliierte Kontrollrat in Deutschland zunächst das Problem unter besonderer Berücksichtigung der Frage einer gerechten Verteilung dieser Deutschen auf die einzelnen Besatzungszonen prüfen soll. Sie beauftragen demgemäß ihre jeweiligen Vertreter beim Kontrollrat, ihren Regierungen so bald wie möglich über den Umfang zu berichten, in dem derartige Personen schon aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn nach Deutschland gekommen sind, und eine Schätzung über Zeitpunkt und Ausmaß vorzulegen, zu dem die weiteren Überführungen durchgeführt werden könnten, wobei die gegenwärtige Lage in Deutschland zu berücksichtigen ist. Die tschechoslowakische Regierung, die Polnische Provisorische Regierung und der Alliierte Kontrollrat in Ungarn werden gleichzeitig von obigem in Kenntnis gesetzt und ersucht werden, inzwischen weitere Ausweisungen der deutschen Bevölkerung einzustellen, bis die betroffenen Regierungen die Berichte ihrer Vertreter an den Kontrollausschuss geprüft haben. Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, Berlin 1946, S. 19 f. 1. Geben Sie die wesentlichen Bestimmungen des Artikels XIII wieder. 2. Ordnen Sie das Abkommen in den historischen Kontext ein, indem Sie herausstellen, welche Geschehnisse vorausgingen und welche Intentionen die Siegermächte mit den Beschlüssen in Artikel XIII verfolgten. 3. Beurteilen Sie, von welchen zukünftigen Problemen die Ausführungen ausgehen. M6 Fußmarsch zur Reichsgrenze Elisabeth Scheithauer lebt mit ihren drei Kindern in Freiwaldau/Jeseník im Ostsudetenland. 1947 berichtet sie von ihrer Vertreibung aus der Tschechoslowakei: Am 26. Juli 45 kamen plötzlich drei bewaffnete tschechische Soldaten und ein Polizist in meine Wohnung und ich musste dieselbe binnen einer halben Stunde verlassen. Ich durfte gar nichts mitnehmen. Wir wurden auf einen Sammelplatz getrieben und wussten nicht, was mit uns geschehen wird. In der großen Angst und Verwirrung über den plötzlichen Befehl hatte ich mir das verfügbare Bargeld (1 200 RM) mitgenommen, wovon mir die Tschechen bei einer scharfen Kontrolle 1 000 RM weggenommen haben. Unter starker Bewachung mussten wir auf dem Sammelplatz viele Stunden warten, gegen Abend wurden wir unter grässlichen Beschimpfungen und Peitschenschlägen aus dem Heimatort fortgeführt. Nach sechsstündigem Fußmarsch mussten wir im Freien übernachten und wurden dann eine Woche lang in einem primitiven Lager, einem Kalkwerk, festgehalten. Verpfl egung gab es keine und wir mussten mit dem wenigen, was wir uns an Essen mitgenommen hatten, auskommen. Es wurde uns immer noch nicht gesagt, was mit uns geschehen soll, bis wir am 2. 8. 45 zum Bahnhof mussten und auf offene Kohlenwagen und Loren verladen wurden. Vor Abfahrt des Transportes bekamen wir pro Eisenbahnwagen 1 Brot. Während der Fahrt regnete es in Strömen und wir wurden bis auf die Haut nass abgesehen davon, dass wir dabei Todesangst ausstehen mussten. Die Kinder wurden krank und ich wusste mir vor Verzweifl ung bald keinen Rat. Nach zwei Tagen wurden wir in Tetschen ausgeladen. Wir waren hungrig und erschöpft und mussten in diesem Zustand den Weg bis zur Reichsgrenze zu Fuß antreten. Wir wurden mit Peitschenhie 5 10 15 20 25 30 32017_1_1_2016_Kap2_138-203.indd 163 04.05.16 10:39 Nu r z u P üf zw ec ke n E e um d s C .C . B uc h er V er la gs | |
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