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177Europa verlässt Deutschland: die Abwanderung der „Displaced Persons“ Europa verlässt Deutschland: die Abwanderung der „Displaced Persons“ Begriff „Displaced Persons“ Neben Flucht und Vertreibung der Deutschen und den nachfolgenden Wanderungen in die Vertreibungsgebiete gab es in der unmittelbaren Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges zahlreiche weitere räumliche Bewegungen, die als Kriegsfolgen verstanden werden können. Dazu zählte die Migration der rund zehn bis zwölf Millionen „Displaced Persons“ (DPs) auf dem Gebiet der vier alliierten Besatzungszonen in Deutschland. Den Begriff „Displaced Persons“ hatten die USamerikanischen Militärbehörden eingeführt. Sie meinten damit all jene nicht-deutschen Staatsangehörigen, die im Verlaufe des Krieges vom nationalsozialistischen Deutschland aus ihren Herkunftsländern vertrieben oder deportiert worden waren. Zumeist handelte es sich um ehemalige Zwangsarbeitskräfte. Zu den DPs zählten aber auch Kriegsgefangene und Konzentrationslagerhäftlinge. Die Displaced Persons kamen aus weiten Teilen Europas, entstammten rund 20 Nationalitäten mit über 35 verschiedenen Sprachen. Sie unterstanden der direkten Fürsorge der vier alliierten Besatzungsmächte und den von ihnen zugelassenen internationalen Hilfsorganisationen (u M1). Rückführung der „Displaced Persons“ Ursprünglich war es das Ziel der Militärregierungen und Hilfsorganisationen, die DPs so rasch wie möglich zu sammeln und in die jeweiligen Heimatländer zurückzubringen. Das gelang allein in den ersten vier Monaten nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 über fünf Millionen DPs, wobei der Anteil der ehemaligen Zwangsarbeitskräfte, Kriegsgefangenen und Konzentrationslagerhäftlinge aus Westeuropa überproportional hoch war. Schon bis Juli 1945 waren zum Beispiel 99 Prozent aller DPs, die aus Westeuropa stammten, aus Norddeutschland zurückgeführt („repatriiert“) worden oder hatten sich selbstständig auf den Heimweg begeben. Für die DPs aus dem östlichen Europa erwies sich die Rückkehr, nicht zuletzt wegen der Kriegszerstörungen und der deswegen katastrophalen Transportsituation, als schwieriger (u M2). Nicht alle DPs waren freiwillig unterwegs: Entsprechend einer Vereinbarung zwischen den Westalliierten und der UdSSR wurden Displaced Persons sowjetischer Staatsbürgerschaft auch zwangsweise repatriiert, wiewohl die westalliierten Behörden wussten, dass sie, als angebliche „Kollaborateure“, mit Lagerhaft und Repressionen, Offi ziere vielfach auch mit der Todesstrafe zu rechnen hatten, weshalb nicht wenige anstelle der Deportation den Freitod wählten (u M3). Seit Herbst 1945 verringerten sich die Abtransportziffern immer weiter. Ende 1945 gab es in den drei Westzonen Deutschlands noch etwa 1,7 Millionen DPs. Displaced Persons polnischer Herkunft bildeten in den Westzonen mit rund 800 000 Personen Ende 1945 die stärkste Gruppe unter den noch nicht Repatriierten. Aus dem Baltikum stammten etwa 180 000 DPs, und die sowjetische Staatsbürgerschaft besaßen zu diesem Zeitpunkt rund 55 000 DPs. Zu diesem Zeitpunkt lag die Zahl der Displaced Persons im Gebiet des späteren Landes Niedersachsen bei rund 280 000. Immerhin sechs Prozent der niedersächsischen Gesamtbevölkerung stellten die DPs – mit durchaus erheblichen regionalen Unterschieden: Im Emsland lebten 32 000 DPs bei einer deutschen Einwohnerschaft von 185 000. Noch wesentlich höhere Bevölkerungsanteile gab es zu diesem Zeitpunkt in den Landkreisen Fallingbostel mit 58 Prozent sowie Celle mit 48 Prozent als Spitzenreitern im niedersächsischen Raum. Im gesamten Jahr 1946 lag die Zahl der Repatriierungen nur noch bei etwa 500 000. Hintergrund für die abnehmenden Transportziffern war die immer geringere Rückkehr32017_1_1_2016_Kap2_138-203.indd 177 04.05.16 10:39 N r z u Pr üf zw ec ke n Ei g tu m de s C .C . B uc hn er V er la gs | |
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