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271Die deutsche und die polnische Nationalbewegung der polnischen Bevölkerung stieß, entschlossen sich die drei Teilungsmächte, Polen ganz von der Landkarte zu tilgen, und sie besetzten 1795 in der dritten Teilung auch den Rest des Landes (u M2 und M3). Während der napoleonischen Kriege wurde kurzzeitig zwischen 1807 und 1815 ein kleines Herzogtum Warschau geschaffen, das allerdings vollständig von Napoleon abhängig war. Nach der französischen Niederlage wurden die Territorien erneut zum Objekt der Großmächte. Auf dem Wiener Kongress wurden die Teilungen mit etwas anderen Grenzziehungen wiederhergestellt. Allerdings bestanden gewisse Freiheiten bis zum polnischen Aufstand von 1830/311: Es gab im russischen Teil ein gewähltes Adelsparlament, das regionale Befugnisse ausübte; ferner bestand eine Verfassung, eine kleine polnische Armee und ein eigenständiges Schulund Gerichtswesen. Restauration nach dem Wiener Kongress Die Fürsten, Könige und der Adel in den deutschen Staaten waren sich nach dem Wiener Kongress darüber im Klaren, dass die Verbreitung nicht nur von liberalen und sogar demokratischen, sondern auch von nationalen Vorstellungen ihre Herrschaft gefährden würde. Sie reagierten auf mehreren Ebenen: Erstens schlossen 1815 Österreich, Preußen und Russland die Heilige Allianz, der später viele weitere europäische Staaten beitraten. Auf der Basis des Christentums sollte der Frieden in Europa gesichert werden. Unter maßgeblicher Führung des österreichischen Staatskanzlers Fürst von Metternich wurden diese Verträge besonders gegen die Liberalen und gegen die jeweiligen Nationalbewegungen eingesetzt. 1818 wurden weitere Maßnahmen zur Unterdrückung dieser politischen Strömungen beschlossen. Zudem einigten sich im August 1819 in den Karlsbader Beschlüssen die zahlreichen deutschen Regierungen – wiederum unter der Führung von Metternich –, diese potenziell gefährlichen Bewegungen massiv zu verfolgen. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche politische Gruppierungen verboten, eine scharfe Zensur der Presse und der meisten weiteren Druckwerke eingeführt, und häufi g wurden Oppositionelle verhaftet oder ins Exil getrieben. Auch wurden die Universitäten, die als Brutstätten liberaler und nationaler Ideen galten, scharf überwacht. Gegen einige Professoren, die als zu liberal oder national galten, wurden Berufsverbote ausgesprochen. Lediglich im wirtschaftlichen Bereich gab es einige Initiativen, Handelsschranken abzubauen und die deutschen Länder näher aneinanderzubringen. 1834 wurde der Deutsche Zollverein gegründet, in dem die beigetretenen Staaten auf gegenseitige Zölle verzichteten. Hierdurch entstand ein kleiner Raum des Freihandels, der sich günstig auf die bald einsetzende Industrialisierung auswirkte. Unter dem Aspekt von Freiheit und Parlamentarismus wurde und wird diese Zeit der Restauration eindeutig negativ beurteilt. Einerseits wurde der Freiheitsdrang der Liberalen und Demokraten unterdrückt, und jede freie Meinungsäußerung wurde ausgeschlossen. Andererseits geben heute aber auch einige Historiker zu bedenken, dass nach den verheerenden napoleonischen Kriegen, in denen Millionen Menschen gestorben sind, 1815 die Periode eines über 30-jährigen Friedens in Mitteleuropa begann, die 1830 nur kurz von einer neuen revolutionären Welle unterbrochen wurde. Man kann davon ausgehen, dass die Masse der Bauern, die zu diesem Zeitpunkt die eindeutige Mehrheit der Bevölkerung in allen deutschen Staaten bildete, und auch viele Bürger in den Städten diese zwar unfreie, aber immerhin friedliche Periode mit Erleichterung begrüßt haben. 1 Zum polnischen Aufstand, auch „Novemberaufstand“ genannt, siehe Seite 272. Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich (1773 1859): auf dem Wiener Kongress österreichischer Außenminister und in den folgenden Jahren wichtigster europäischer Politiker Deutscher Zollverein: Binnenmarkt, dem die meisten deutschen Staaten ohne Österreich angehörten 32017_1_1_2016_Kap3_260-357.indd 271 04.05.16 10:44 Nu r z u Pr üf zw ck n Ei ge nt m d s C .C . B uc hn er V er la gs | |
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