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281 M „Novemberaufstand“ Der deutsche Historiker Jürgen Heyde bewertet die polnische Nationalbewegung anhand des Aufstandes von 1830/31: Auch in Polen selbst war die gesellschaftliche Basis für den Aufstand zunächst sehr gering. Er hatte als Generationenkonfl ikt innerhalb der Streitkräfte begonnen, bis die liberalen Kräfte zielstrebig auf eine „Nationalisierung“ der Bewegung hinarbeiteten. In den ersten Tagen des Aufstandes hatten sich Vertreter der Aristokratie, des Bürgertums und auch hohe Offi ziere mehrheitlich gegen die Erhebung ausgesprochen und zu Mäßigung geraten. Doch angesichts der kompromisslosen Haltung der russischen Regierung in St. Petersburg schlossen sie sich den Aufständischen an. Zentren der Aufstandsbewegung waren die großen Städte, besonders die Universitätsstädte Warschau und Wilna. […] In der Emigration versuchte die aristokratische Partei […] ergebnislos, auf diplomatischem Wege Bündnisse gegen Russland zu organisieren. Innerhalb Frankreichs gelang es […] hingegen, einen Lehrstuhl für Slawische Sprache und Literatur am Collège de France einzurichten, auf den 1840 Adam Mickiewicz1 berufen wurde. Diese Professur entwickelte einen nicht zu unterschätzenden Einfl uss auf die junge französische Intelligenz. Mickiewiczs Schaffen wurde in der polnischen Exilöffentlichkeit, aber auch im geteilten Polen breit rezipiert. Seine romantischen Vorstellungen von Polen als dem „Christus der Völker“ fanden hier regen Anklang. In Paris entstanden die Werke, welche für lange Zeit das Bild der polnischen Nationalbewegung prägen sollten – in der Emigration ebenso wie in den polnischen Ländern. Jürgen Heyde, Geschichte Polens, München 32011, S. 61 und 63 f. In der vorliegenden Quelle werden mehrere Sachurteile genannt. Benennen Sie einige und beurteilen Sie diese. Beziehen Sie dabei Ihre bisherigen Kenntnisse der polnischen Nationalbewegung mit ein. 5 10 15 u Historische Urteilsbildung. Grafi k von Jana Bretschneider. p Begründen Sie ausgehend von der Grafi k, warum es sich bei der Beurteilung von Jürgen Heyde (M „Novemberaufstand“) um ein Sach und nicht um ein Werturteil handelt. Gegenstand (Ereignis, Herrschaftssystem, Handlung, Prozess bzw. Entwicklung, Kommentar etc. in der Geschichte) Analyse (auch unter Anwendung geschichtswissenschaftlicher Theorien) multiperspektivisch multikausal p politische Akteure (z. B. Magistrate, Feldherren) p kurz-, mittel-, langfristige Ursachen p wirtschaftlich Handelnde und Folgen (z. B. Ritter oder „publicani“) p Anlässe p betroffene (politische, ethnische, religiöse, soziale) Gruppen Sachurteil (Urteilskriterien) Effi zienz Legitimität p (politische) Durchsetzbarkeit p historisch geltendes Recht p politische und wirtschaftliche Nützlichkeit p Akzeptanz in historischer p Schnelligkeit Gesellschaft p (Ziel-)Genauigkeit der Maßnahme p historische Wertmaßstäbe p Vermeidung unerwünschter Nebenfolgen (z. B. Gerechtigkeitsvorstellungen) Werturteil (Urteilskriterien) heute geltende Grundwerte: Sicherheit, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit der Geschlechter, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie (politische Teilhabe, Transparenz politischer Entscheidungen) etc. Beispiel und Analyse 1 Zu Adam Mickiewicz siehe auch M3 auf Seite 277. 20 25 32017_1_1_2016_Kap3_260-357.indd 281 04.05.16 10:44 N r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B u hn er V er la gs | |
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