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37Der Weg zur Reichsgründung M4 „Groß-Preußen mit Vasallenstaaten“ August Bebel hält am 10. April 1867 seine erste Rede vor dem sich konstituierenden Norddeutschen Reichstag. Er ist zu diesem Zeitpunkt Vertreter der „Sächsischen Volkspartei“. Bebel wird später einer der profi liertesten Politiker der deutschen Sozialdemokratie werden. Seine Ausführungen beziehen sich auf die Verabschiedung der Verfassung des Norddeutschen Bundes: [M]eine Herren, ich behaupte, dass mit der Gründung dieses Norddeutschen Bundes ein spezifi sch preußisches Interesse (Widerspruch rechts), dass die Stärkung der Hohenzollernschen Hausmacht damit bezweckt worden ist. (Lebhafter Widerspruch rechts.) […] In dem gegenwärtigen Norddeutschen Bundesrat wird Preußen mit 17 Stimmen […] nach Belieben Verfassungsänderungen durchführen, eine jede Verfassungsänderung gegen seinen Willen aber verhüten können. Dies würde indessen bei dem Zutritt Süddeutschlands zum Norddeutschen Bunde nicht der Fall sein, dann wären die 17 Stimmen Preußens ungenügend an sich, eine derartige Zweidrittelmehrheit zu erzielen. […] Das sind meines Erachtens die Gründe, welche die preußische Regierung von ihrem spezifi sch preußischen Standpunkte aus nicht nur heute, sondern auch späterhin stets veranlassen werden, gegen den Eintritt Süddeutschlands aufzutreten, gegen denselben zu stimmen. Man wird sich eben einfach damit begnügen, […] dass man lediglich die Militärgewalt in die Hände bekommt, im Falle eines Krieges, und im Übrigen wird man sich damit begnügen, durch Zollverträge usw. wenigstens eini germaßen die Kluft, die hervorgebracht ist, zu überbrücken, wohlverstanden, zu überbrücken, aber auszufüllen, dazu wird man sich nicht herbeilassen. Meine Herren, eine solche Politik zu unterstützen, dazu habe ich keine Lust, ich muss entschieden dagegen protestieren, dass man eine solche Politik eine deutsche nennt, ich muss entschieden protestieren gegen einen Bund, der nicht die Einheit, sondern die Zerreißung Deutschlands proklamiert, einen Bund, der dazu bestimmt ist, Deutschland zu einer großen Kaserne zu machen (lebhafter Widerspruch), um den letzten Rest von Freiheit und Volksrecht zu vernichten. August Bebel, Sein Leben in Dokumenten, Reden und Schriften, herausgegeben von Helmut Hirsch, Köln 1968, S. 153 ff. 1. Erläutern Sie Bebels Bewertung des Norddeutschen Bundes. 2. Entwerfen Sie die Entgegnung eines nationalliberalen Politikers. M5 Die Emser Depesche Geheimrat Heinrich Abeken telegrafi ert am 13. Juli 1870 an Bundeskanzler Otto von Bismarck, nachdem einen Tag zuvor der spanischen Regierung mitgeteilt worden ist, dass die Kandidatur eines Hohenzollern-Prinzen zurückgezogen wird: Ems, den 13. Juli 1870. Seine Majestät der König schreibt mir: „Graf Benedetti1 fi ng mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn autorisieren, sofort zu telegrafi eren, dass ich für alle Zukunft mich verpfl ichte, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur zurückkämen. Ich wies ihn, zuletzt etwas ernst, zurück, da man à tout jamais dergleichen Engagement nicht nehmen dürfe, noch könne. – Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte, und da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum außer Spiel sei.“ Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des Fürsten bekommen. Da seine Majestät dem Grafen Benedetti gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten2 erwarte, hat Allerhöchstderselbe mit Rücksicht auf die obige Zumutung, auf des Grafen Eulenburg3 und meinen Vortrag beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihn nur durch einen Adjutanten sagen zu lassen: dass Seine Majestät jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe. Seine Majestät stellt Eurer Exzellenz anheim, ob nicht die neue Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich sowohl unseren Gesandten als in der Presse mitgeteilt werden sollte? Bismarck gibt folgende Mitteilung an die Presse weiter: Berlin, den 13. Juli 1870. [zur Station: 11.15 nachm.] Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich Französischen Regierung von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden sind, hat der französische Botschafter in Ems an Seine Majestät den 1 Vincent Graf von Benedetti: französischer Botschafter in Berlin 2 Gemeint ist hier Karl Anton Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, dessen Sohn Leopold der spanische Thron angeboten worden war. Nach der Erbregelung des Hauses Hohenzollern hatte nicht der Sohn, sondern sein Vater das letzte Wort über die Entscheidung, ob Leopold die Kandidatur annehmen sollte. 3 Graf Friedrich zu Eulenburg: preußischer Innenminister 5 10 15 20 25 30 5 10 15 20 25 30 Nu r z u P üf zw ck en Ei g nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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