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dachte an ein Auto, bei dem innen etwas kaputt ist. „Tschüs!“, hörte er. Das hatte er selbst gesagt. Dann ging er. Er wusste, dass Johannes immer noch auf derselben Stelle stand. Er sah ihn stehen. Johannes hielt sich schlecht. Seine Mutter sagte ihm das hundertmal am Tag. Wahrscheinlich hielt er sich darum schlecht. Dabei war Johannes sportlich. Er hatte ihn beim Wettrennen glatt um zwei Längen geschlagen. Das war, als er beide Schuhe verlor. Wie sie gelacht hatten damals. Die Kirchturmuhr zeigte jetzt zwei Minuten vor fünf. Peter fühlte sich schlecht. Er hatte das Empfi nden, dass Johannes immer noch dastand. Vielleicht sogar für alle Zeit. Aber er drehte sich nicht um. Auch an der Ecke nicht, bevor er abbog. Es musste jetzt fünf Uhr sein. Peter war plötzlich wütend. Er wollte, dass es irgendwo knallte. Ein Verkehrsunfall, dachte er. Nein – das durfte er nicht wünschen. Er ging langsamer. Er würde zu spät kommen. Aber beim Juwelierladen zeigte die Uhr immer noch erst eine Minute vor fünf. An der Ecke verkaufte Bobrowski Zeitungen. Den hatten sie früher oft geärgert. Bloß, weil er anders sprach. Wie dumm sie gewesen waren. Warum mir lauter Zeug einfällt, das vorbei ist, dachte Peter. Wieder geriet ihm in der Hosentasche der Stein zwischen die Finger. Er holte ihn hervor, blickte ihn einen Augenblick lang an und schleuderte ihn dann ärgerlich fort. Als Peter an die Brücke kam, schlug die Uhr fünfmal. Nie war ihm ihr Klang so theatralisch erschienen. Gitte war natürlich nicht da. Er beugte sich über das Brückengeländer und beschloss, sofort wieder zu gehen. Unten glitt ein Paddelboot vorbei. Ein Mädchen und ein Junge saßen darin. Peter spuckte hinunter, traf aber nicht. Einmal war hier einer runtergesprungen und ertrunken. Wahrscheinlich konnte er nicht schwimmen, dachte Peter. Wenn man schwimmen kann, kann man nicht so einfach ertrinken. Er konnte schwimmen. Gitte auch. Sie hatte einen Badeanzug mit Blümchen getragen. War die mager gewesen! Sie hatten sie untergetaucht, Johannes und er. Wenn er jetzt ging, würde er Johannes vielleicht noch treff en. An derselben Stelle. Peter begann die Enten zu zählen. „Hallo!“ Da stand sie neben ihm. Der Wind hatte ihr Haar zerzaust. Sie hatten oft so nebeneinander gestanden. Peter fi el plötzlich auf, dass ihre Hände einfach so herunterhingen. Sie steckte sie nicht in die Taschen. Gitte ist ein Mädchen, dachte er ganz unsinnigerweise. Und er sagte: „Hallo!“ „Gehn wir zum Ufer runter?“ „Ja“, sagte er. Als sie die Böschung hinabkletterten, rutschte sie und verlor für Augenblick den Halt. Peter streckte ihr die Hand hin. Ihre Finger waren ein wenig feucht. Unten angekommen, ließ er sie los. „Schau“, sagte sie und wies auf die kleinen, gelben Blumen. Der Teufel mochte wissen, wie sie hießen. Sie blühten in jedem Frühjahr als erste. „Ich hab’ ’ne Vier in Mathe“, sagte sie. Peter schluckte. „Soll ich dir mal helfen?“, fragte er dann. „Au ja!“, rief sie. Sie lief ein Stück vor. „Komm, wir bleiben hier und sehen zu, wie der Strom fl ießt!“ Wie der Strom fl ießt, dachte Peter. Mädchen sind seltsam. Sie strich sich mit der Hand über den Rock und setzte sich auf einen Stein. Er hockte sich neben sie. Das Wasser fl oss schnell. Es war lehmig und voller Schmutz. Peter spürte die Wärme der Sonne auf seinem Rücken. Gitte redete. Sie erzählte von ihrer Katze, die Pfötchen geben konnte. Peter hatte sich nie 135 140 145 150 150 155 160 165 80 85 90 95 100 115 120 125 130 Deutungsideen formulieren und Erzählverläufe in einer Inhaltsangabe zusammenfassen 61 Der Wel t der erzä hlenden Literatu r begegn en ➞ AH S . 8 –10 11077_1_1_2016_056_089_04.indd 61 26.08.16 11:40 Nu r z u Pr üf zw ck e Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
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