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Kugel im Loch. „Stark!“ Tommek sprang von seinem Flipperautomaten herunter und trat zu uns. Er hob bewundernd seinen Daumen hoch und strahlte das Mädchen an. Off enbar gefi el sie ihm auch, vielleicht kannten die beiden sich sogar besser. Nach wie vor schwieg sie beharrlich. Ich wünschte mir, sie würde endlich etwas sagen. Irgendwas. Im Eingangsbereich waren Schritte zu hören. Eine Frau kam hereingesegelt. Sie trug eine Lederjacke und Röhrenjeans. In der Hand hielt sie einen rot bemalten Motorradhelm, auf dem ein Aufkleber mit einem sterbenden Soldaten klebte. „Krieg ist irgendwie doof“, stand darunter. Ich musste lächeln. „Hi, Leute!“ Sie winkte Tommek zu und warf ihren Helm auf einen Tisch. Dann trat sie hinter die Th eke, als wäre der Laden ihrer, nahm sich Mineralwasser aus dem Regal und trank direkt aus der Flasche. „Süßer, lieber, fl eißiger Tommek!“ Sie kam zum Billardtisch herüber und knuff te ihn in die Seite. „Du schuldest mir noch die Anmeldelisten. Sind sie in deinem Chaos irgendwo aufgetaucht? Wie ich sehe, bist du ja mal wieder unglaublich beschäftigt.“ Tommek wurde rot. „Ich glaube, die Listen liegen in der Ablage im Büro“, murmelte er planlos. Verlegen versenkte er die Hände in den Hosentaschen. Die Frau verdrehte die Augen. Ihr Blick wanderte weiter und sie sah mich neugierig an. „Und du bist ein Freund von Lea?“, fragte sie und zwinkerte dem Mädchen zu. Lea. So hieß sie also. Ein Name, der nur aus drei Buchstaben bestand. Tommek sah nun ebenfalls in Leas Richtung. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. „Also …“, murmelte ich unsicher und senkte den Blick. Und dann passierte etwas Seltsames. Die Frau hob ihre Hände und formte in rascher Folge ein paar Zeichen damit. All das geschah so schnell, dass ich überhaupt nicht kapierte, was da vor sich ging. Ihre Finger fl ogen nur so durch die Luft. Kurz deutete sie auf mich, sah dann aber weiter Lea an. Ich beobachtete die beiden Frauen fasziniert. Jetzt war Lea an der Reihe. Ihre Hände vollzogen das gleiche seltsame Spiel wie die ihrer Gesprächspartnerin. Sie sah mich ein wenig abfällig aus dem Augenwinkel an und verzog das Gesicht. Keine Ahnung, was sie soeben sagte. Gebärdensprache! Klar wusste ich, was das war. Ich hatte das mal in einer Talkshow im Fernsehen gesehen. Aber live und direkt neben mir? „Ist sie …“ Ich fi ng an zu stottern und sah hilfl os in Tommeks Richtung. „Ist sie taubstumm?“ Lea stemmte die Arme in die Seiten und sah mich herausfordernd an. Sie stampfte mit dem Fuß auf und ihre Augen funkelten. Dann machte sie eine 125 130 135 140 145 150 150 155 70 75 80 85 90 95 100 115 120 Charakterzüge literarischer Figuren beschreiben 81 Der Wel t der erzä hlenden Literatu r begegn en ➞ AH S . 88 –90 11077_1_1_2016_056_089_04.indd 81 26.08.16 11:41 N r z u Pr fzw ck en Ei ge tu m d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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