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Wer schützt das Individuum gegen die wachsende Staatsgewalt? Renaissance und Reformation werteten das Individuum auf und stellten die Autorität der Herrschenden und der Kirche infrage. Aber der Anspruch auf Freiheit führte auch zu Kämpfen und zur Kirchenspaltung. Die frühmodernen Staaten Europas unterbanden nach 1555 (Augsburger Religionsfrieden) die inneren Konfl ikte und schufen neue, konfessionsgebundene Ordnungen, denen sich die Untertanen anzupassen hatten. Im Gegensatz zu den Monarchien Spanien, Frankreich und England blieb das Heilige Römische Reich Deutscher Nation nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 1648) ein lockerer Verbund zahlreicher Einzelstaaten. Dort und in Europa setzte sich die Herrschaftsform des Absolutismus durch, in der die Fürsten versuchten, unabhängig von den Ständen zu regieren. Auf der einen Seite entstand im Zeitalter des Absolutismus zwischen 1650 und 1790 der moderne Machtstaat, der das Individuum immer stärker für seine Zwecke disziplinierte. Auf der anderen Seite forderten die Denker der Aufklärung für die Untertanen unveräußerliche Rechte ein, um sie vor der Herrschaftsgewalt zu schützen. Die absolute Monarchie zeichnete sich aus durch das stehende Heer, regelmäßige Steuern, den Ausbau der Verwaltung und die Schwäche der ständischen Parlamente, die zuvor die Regierung kontrolliert hatten. Damit fi el dem König oder dem Fürsten die Souveränität zu, d. h. die nicht oder nur wenig beschränkte Hoheitsgewalt. Im Dienst der absolutistischen Monarchen erhielt das Bürgertum Zugang zu einfl ussreichen Ämtern, die bislang den privilegierten Ständen, dem Adel und dem Klerus, vorbehalten waren. Rationalisten und Denker der europäischen Aufklärung setzten fort, was die Renaissance begonnen hatte. Sie erhoben den Anspruch, die Natur, die Gesellschaft und den Menschen einer voraussetzungslosen Prüfung zu unterziehen, lehnten sich aber nicht mehr direkt an antike Vorbilder an. Sie richteten sich gegen die absolutistische Herrschaft und forderten die Kontrolle und Teilung der Staatsgewalt sowie die Volkssouveränität. Damit begründeten sie nicht nur die moderne Wissenschaft, sondern auch die politische Konzeption eines Bürgers, der seine Rechte gegen den Staat verteidigen konnte. Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776 1783) erkämpften sich die 13 Kolonien die Unabhängigkeit vom Mutterland Großbritannien, in Frankreich beseitigten die Revolutionäre die Ständeordnung. 1792 wurde die Monarchie abgeschafft und eine Republik eingeführt. Diese wurde von zunehmend radikalisierten Jakobinern gesteuert. Nach dem Ende der Terrorherrschaft folgte mit der Direktoratsverfassung eine Zwischenetappe, bevor Napoleon die Alleinherrschaft errang und 1799 die Revolution für beendet erklärte. Bis dahin hatte letztlich nur das wohlhabende Bürgertum seine wirtschaftlichen und politischen Interessen durchsetzen können. Im späten 18. Jahrhundert wurden also zentrale moderne staatliche Prinzipien entwickelt. Die amerikanische und französische Verfassung von 1789 und 1791 verankerten grundlegende Menschenrechte und teilten die staatliche Gewalt in eine gesetzgebende, ausführende und richterliche. Beide Verfassungen verfügten außerdem, dass jedes staatliche Handeln an Recht und Gesetz gebunden und das Eigentumsrecht garantiert war. Menschenrechte, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sind die Grundlagen demokratischer Verfassungen bis heute. u Was unterschied die absolute Monarchie König Ludwigs XIV. vom aufgeklärten Absolutismus in Brandenburg-Preußen und in Österreich? u Welche Grundlagen und Prinzipien, die den modernen Verfassungsstaat bis heute prägen, wurden von den Aufklärern formuliert, und von welchem Menschenbild ließen sie sich leiten? u Worin lagen die Ursachen für die bürgerlichen Revolutionen in Amerika und Frankreich? u Welche Trägergruppen handelten aus welchen wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Motiven heraus? u Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich beim Vergleich beider Revolutionen erkennen? 125Orientierung Nu r z u P üf zw ec ke n Ei g nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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