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Herrschaft auf christlichem Fundament? Zu der europäischen Tradition zählt ganz unbestritten auch das Christentum. Die Herrschaft von Einzelnen oder Gruppen über andere Menschen wurde im Mittelalter – auch gegen Widerstände – mit der begründenden Formel „von Gottes Gnaden“ versehen, damit sie befolgt wurde. Politische Herrschaft wurde so legitimiert. Die christliche Legitimation von Herrschaft bildete sich im Hochmittelalter in Auseinandersetzung mit dem Papsttum heraus. Sie führte dazu, dass die weltliche und geistliche Sphäre als getrennte Bereiche gedacht wurden – eine Vorstellung, die sich in anderen Teilen der Welt auf diese Weise nicht durchgesetzt hat. Dass es eine getrennte weltliche Sphäre gab, begünstigte ab dem 18. Jahrhundert jedoch den Durchbruch freiheitlicher Ordnungen auf dem europäischen Kontinent. Auch der föderalistische Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat mittelalterliche Wurzeln; diese liegen in den Landesherrschaften, etwa Brandenburg, Sachsen, Württemberg oder Bayern. Auch hier hat die Geschichte uns und unsere Ordnungsvorstellungen bis in die heutige Zeit geprägt. Der Begriff „Mittelalter“ als Epoche zwischen Antike und Neuzeit entstand erst im 15. Jahrhundert, als Humanisten wie Petrarca nach einer Abgrenzung zur von ihnen verehrten antiken Kulturepoche einerseits und ihrer Gegenwart andererseits suchten. „Die Menschen des Mittelalters wissen also nicht, dass sie in einer Epoche namens ‚Mittelalter‘ lebten“, so der Historiker Jörg Schwarz. Grob ist die Zeit zwischen 500 und 1500 mit der Bezeichnung gemeint, die Übergänge sind aber fl ießend. Eckdaten sind die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig (500) sowie u. a. die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus (1492) oder der Beginn der Reformation (1517). Das noch immer gängige Schlagwort vom „dunklen Mittelalter“ lässt auf Unwissenheit, weit verbreitetes Analphabetentum, raue Sitten, Fehden und grausame Strafen schließen. Dabei ist auch im Mittelalter Fortschritt erkennbar. Im frühen Mittelalter (ca. 500 950) gab es noch überschaubare Ansiedlungen von Menschen auf dem Fundament der Grundherrschaft. Im hohen Mittelalter (ca. 950 1250) begann mit dem Denken der Scholastik der „Triumphzug beweisender Vernunft im Abendland“ (Johannes Fried). Zudem rangen Kaisertum und Papsttum um die Vorherrschaft in der Christenheit, das Lehnswesen etablierte sich als Basis der Gesellschaft. Im späten Mittelalter (ca. 1250 1500) waren zahlreiche Städtegründungen zu verzeichnen, kaufmännisches Denken entwickelte sich. Und mit der Ständeordnung hinterließ das Mittelalter der Frühen Neuzeit die soziale Architektur der Gesellschaft. u Wie sah die Gesellschaftsund Herrschaftsordnung im Mittelalter aus und wie wurde sie gerechtfertigt? u Welche Rolle spielte die Kirche für die weltliche Herrschaft und inwiefern änderte sich dies durch den Konfl ikt zwischen Kaiser und Papst? u Wie setzte sich die Einwohnerschaft der mittelalterlichen Städte zusammen und was bedeutete die Entwicklung städtischer Freiheit für die Menschen des Mittelalters? u Inwiefern wurde das mittelalterliche Europa durch das christliche Weltbild und Einfl üsse anderer Kulturräume geprägt? 45Orientierung Nu r z u P üf zw ck en Ei ge nt um d e C .C .B uc hn er V er la gs | |
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