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Von der Wirtschaftsgemeinschaft zum Binnenmarkt Die nationalen Regierungen schieben an Die Entscheidungsstrukturen der supranationalen europäischen Organe waren schwerfällig. Kommission und Parlamentarische Versammlung hatten nur einen engen Gestaltungsspielraum. Der beinahe hundertköpfi ge Ministerrat musste seine Beschlüsse in den wichtigen Sachfragen einstimmig fassen. Entscheidungen fi elen in erster Linie bei den regelmäßigen Treffen der Regierungschefs und ihrer Vertreter; solche Treffen waren in den Verträgen eigentlich nicht vorgesehen. Neben der supranationalen Ebene der Einigung, die von den Organen der EWG verkörpert wurde, bekam nun die intergouvernementale größeres Gewicht. Die Regierungen verhandelten direkt miteinander, zunächst informell, später in einer institu tionellen Verfestigung, dem Europäischen Rat, den die Medien heute oft „EUGipfel“ nennen. Die Regierungen beschränkten die Autonomie der supranationalen Organe. Nach den Krisen der 1960er-Jahre brachten sie die Europäische Einigung weiter voran, wenn auch nur schleppend. Die Arbeit der Organe wurde beeinträchtigt, weil Beschlüsse nur bei Einstimmigkeit zustande kamen. Die Fortentwicklung des gemeinsamen Marktes stagnierte. Aber die Europäischen Gemeinschaften wurden besser vernetzt. Seit 1967 waren nicht nur Parlament und Gerichtshof gemeinsame Einrichtungen von EGKS, EWG und Euratom, sondern auch Ministerrat und Kommission. Offi ziell fi rmierten sie nun unter dem Titel Europäische Gemeinschaften (EG). Fortschritte in der Wirtschafts-, Währungsund Erweiterungspolitik Mit der Regierungszeit Schmidts (1974 1982) fallen Fortschritte in der Wirtschaftsund Währungspolitik der Gemeinschaft zusammen. Abkommen mit 58 afrikanischen Staaten (1975) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA, 1977) erleichterten den Außenhandel. In der EFTA hatten sich 1960 sieben Staaten zusammengeschlossen, um ein Gegengewicht gegen die Gemeinschaft aufzubauen, was nicht gelang. Mit Ausnahme Norwegens und der Schweiz traten diese Staaten später der Gemeinschaft bei. Den Einstieg in die Währungseinheit markierte 1978 die Gründung des europäischen Währungssystems mit dem ECU (European Currency Unit). Der ECU diente als Rechnungseinheit. Er stabilisierte bis zur Einführung des Euro die Wechselkurse zwischen den nationalen Währungen und machte dadurch internationale Geschäfte berechenbarer. Zwischen 1970 und 1986 gelangen die Nordund die Süderweiterung. 1970 begannen die Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien, Dänemark, Irland und Norwegen. Die Schwierigkeiten um einen Beitritt Großbritanniens wurden überwunden. Der Inselstaat hielt Distanz, weil er sich auf dem Kontinent nicht binden wollte und sich dem Commonwealth und den USA verpfl ichtet sah. Norwegen entschied sich 1972 per Volksentscheid gegen Europa, aber Großbritannien, Dänemark und Irland traten mit Wirkung vom 1. Januar 1973 den Europäischen Gemeinschaften der nunmehr Neun bei. Irland zog wirtschaftlich daraus den größten Gewinn. Einen ähnlichen Aufschwung erlebten später Griechenland als zehntes EG-Mitglied ab 1981 sowie Spanien und Portugal ab 1986. Der Aufbruch zu Reformen Schon vor der Erweiterung auf zwölf Mitglieder hatte sich der Reformdruck auf die vertragliche Grundlage der Gemeinschaft verstärkt. Zwei Entwicklungen spielten eine Rolle: Erstens erwies sich seit etwa 1970 eine Koordination der Außenpolitik als immer dringlicher. Die wirtschaftlichen Krisen der 1970er-Jahre erforderten gemeinsame Europäischer Rat: unter dieser Bezeichnung 1974 vereinbarte regelmäßige Konferenz der Staatsund Regierungschefs der EG und späteren EU. Sie fand alle drei bis sechs Monate statt. Der Vorsitz wechselt bis heute, jedes halbe Jahr übernimmt ein anderer Mitgliedstaat den Vorsitz. Der Rat wurde 1986 in die Einheitliche Europäische Akte der EG aufgenommen. Diese bestätigte seine Aufgabe, die gemeinsame Politik zu steuern. Jedoch wurde der Europäische Rat kein Organ der EG oder der EU. EFTA (European Free Trade Association): Europäische Freihandelsvereinigung, 1959 gegründet; Gründungsmitglieder waren Österreich, Dänemark, Portugal, Schweden, die Schweiz und Großbritannien; später traten Finnland und Island bei; 1994 Bildung eines Europäischen Wirtschaftsraums von Staaten der EFTA und der EU. 525Von der Wirtschaftsgemeinschaft zum Binnenmarkt Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um de s C .C .B uc hn er V rla gs | |
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