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510 15 20 55 60 65 70 das eigene Publikum gerichtet ist. Wenn ich das Thema mit einem Politiker eines anderen Landes erörtern wollte, dann täte ich das jedenfalls nicht öffentlich. di Lorenzo: In vielen Fällen ist die Intervention von außen die einzige Chance für Menschen, denen schreiendes Unrecht angetan wird. Schmidt: Das ist ein Irrtum. Ob es sich um den Iran des Schahs handelt oder den heutigen Iran, ob es sich um den Irak von Saddam Hussein handelt oder den heutigen Irak, ob es sich um China oder um die ehemalige Sowjetunion gehandelt hat: Die Reden, die westliche Minister an deren scheinbare Adresse halten, spielen für die Entwicklung in diesen Staaten keine Rolle – das können sie auch nicht. Zeit Magazin 3/2014 M2 „Universelle Geltung der Menschenrechte“ In dem Beitrag der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 20. Juni 2014 äußert sich der Historiker Heinrich August Winkler (geb. 1938) in der Debatte zu der Gültigkeit der Menschenrechte: Manche neueren Einlassungen zum Thema Menschenrechte in nichtwestlichen Staaten, namentlich in Russland und China, lesen sich so, als seien die Erklärungen [der Vereinten Nationen] von 1945, 1948 und 1993 nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden. Zwar können die UN deren Einhaltung nicht erzwingen. Aber daraus folgt noch nicht, dass die westlichen Demokratien sie als nicht verbindlich betrachten dürften. Es war ein säkularer Fortschritt, als die Vereinten Nationen den normativen Ertrag der atlantischen Revolutionen von 1776 und 1789 in den Rang von Menschheitsnormen erhoben. Auf diesen nachgerade revolutionären Akt können sich seitdem Menschenrechtsaktivisten in aller Welt berufen, und sie haben dies immer wieder getan: von den Verfassern der Charta 77, des Manifests der tschechoslowakischen Dissidenten um Václav Havel, bis zu den Autoren der Charta 08, die von über 5000 chinesischen Intellektuellen und Bürgerrechtsaktivisten unterzeichnet wurde, obenan dem Hauptautor und Friedensnobelpreisträger des Jahres 2010, Liu Xiaobo, dem das Engagement für Menschenrechte, Rechtsstaat und Demokratie eine elfjährige Haftstrafe einbrachte. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, die universelle Geltung der Menschenrechte mit dem kulturrelativistischen, besonders engagiert von Helmut Schmidt vertretenen Argument zu bestreiten, weil die Menschenrechte ein Produkt des Westens seien, hätten nur diejenigen Menschen Anspruch auf ihre Einhaltung, die in westlichen Demokratien lebten, während andere Kulturkreise, darunter der chinesische, gewissermaßen strukturell nicht auf die Menschenrechte hin angelegt seien. Der Westen hat in seiner Praxis über die Jahrhunderte hinweg immer wieder gegen die von ihm propagierten Ideen der einen Menschheit und der Gleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt, verstoßen, aber er hat sie nicht zu zerstören vermocht. Sie sind das Beste, was er je hervorgebracht hat. Der Westen verlöre seine Glaubwürdigkeit, ja er gäbe sich selbst auf, wenn er sich von dieser Selbstverpfl ichtung lossagen und auf den universellen Geltungsanspruch der Menschenrechte verzichten würde. Die Zeit, 20. 06. 2014 1. Fassen Sie die Positionen von Schmidt und Winkler jeweils in einer These zusammen. 2. Führen Sie eine Pround Kontra-Debatte zu der Frage der universalen Gültigkeit der Menschenrechte. 3. Schreiben Sie einen Leserbrief an die „Zeit“, in dem Sie zu der Debatte Stellung nehmen. 25 30 35 i Verleihung des Friedensnobelpreises. Dem chinesischen Schriftsteller und Menschenrechtsaktivisten Liu Xiaobo wurde 2010 der Friedensnobelpreis verliehen. Da die Regierung der Volksrepublik China den Preisträger in Haft hielt, konnte er die Auszeichnung nicht persönlich entgegennehmen. 567Menschenrechte – weltweit gültig oder exklusiv für den Westen? Nu zu P rü fzw ck en Ei ge tu m d s C .C .B u h er V er la gs | |
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