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Technologie und schließlich auch die Kultur – weit hinter sich.“ Daher die Frage, die Lewis im Titel seines Buches stellt: What went wrong? („Was ist schiefgelaufen?“) Dieses Kapitel ist meiner Antwort auf Lewis’ Frage gewidmet: Nichts ist schiefgelaufen. Der Glaube, es habe einmal eine muslimische Kultur gegeben, die der europäischen überlegen war, ist bestenfalls eine Illusion. Selbst wenn wir einräumen, dass gebildete Araber über eine überlegene Kenntnis der klassischen Autoren verfügten, dass sich unter ihnen hervorragende Mathematiker und Astronomen befanden, so bleibt doch festzuhalten, dass die Muslime auf vielen technischen Gebieten weit im Rückstand lagen. Man denke an Sättel, Steigbügel, Hufeisen, Wagen und Karren, Zugpferde und Geschirre, effektive Pfl üge, Armbrüste, das Griechische Feuer, den Schiffbau, die Kenntnisse der Seeleute, produktive Landwirtschaft, leistungsfähige Rüstungen und gut ausgebildete Fußtruppen. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass die Kreuzfahrer Tausende von Kilometern marschieren und einen Feind schlagen konnten, der ihnen zahlenmäßig überlegen war – dies allerdings nur so lange, wie die Menschen und Staaten Europas bereit waren, ihren Kampf zu unterstützen. […] Die Kreuzzüge fanden nicht ohne vorhergehende Provokationen statt. Sie waren nicht die erste Runde des europäischen Kolonialismus. Sie wurden nicht wegen Land, Beute oder aus Bekehrungsabsichten geführt. Die Kreuzritter waren keine Barbaren, die die kultivierten Muslime schlecht behandelten. Sie glaubten ernsthaft, dass sie in Gottes Bataillonen dienten. Rodney Stark, Gottes Krieger. Die Kreuzzüge in neuem Licht, übersetzt von Klaus Binder und Bernd Leineweber, Berlin 2013, S. 83, 110 und 344 M3 Der Kampf ums Paradies Der Autor ist ein US-amerikanischer Mittelalterhistoriker und Orientalist, der an der University of Pennsylvania lehrt und sich mit den Ursachen der Kreuzzüge und deren Bedeutung für heutige internationale Konfl ikte beschäftigt: Was die islamische Geschichte nicht erklären kann, ist die weit verbreitete moderne Darstellung der Kreuzzüge als Geburtsstunde eines angeblich epochalen Zusammenpralls zwischen „Islam und Christentum“. So sehr fränkische und muslimische Ideologen auch bemüht waren, ihre Konfl ikte als totalen Krieg gegen die Feinde Gottes darzustellen, und so sehr viele, vielleicht die meisten Franken und Muslime gehofft haben mögen, es sei so, war die Wirklichkeit doch eine ganz andere. Dies war kein Kampf Islam gegen Christentum, sondern bestenfalls ein Konfl ikt zwischen „fränkischen“ Völkern einerseits und bestimmten muslimischen Gemeinschaften andererseits, in dem allgemeine Ansprüche auf religiöse Wahrheit oder einen Heiligen Krieg fast immer hinter spezifi sche regionale und politische Interessen zurücktraten. […] Die Kreuzzüge, aus welcher Perspektive man sie auch betrachtet, können moderne Konfl ikte nicht erklären, und ihre Motivation lässt sich nicht als Vorgeschichte oder Inspiration für zeitgenössische Auseinandersetzungen deuten. Mittelalterliche Muslime und Christen zogen für ihre eigenen Ideale und Ziele in den Krieg, nicht für unsere. Paul M. Cobb, Der Kampf ums Paradies. Eine islamische Geschichte der Kreuzzüge, übersetzt von Michael Sailer, Darmstadt 2015, S. 347 f. 1. Recherchieren Sie zum Thema „Kreuzzüge“ und arbeiten Sie die Motive der beteiligten Gruppen heraus. 2. Führen Sie eine Podiumsdiskussion durch. Bilden Sie zu deren Vorbereitung drei Gruppen. Jede Gruppe erarbeitet die Position eines Historikers in Form einer These und Argumenten, die diese These stützen. In der nun daran anschließenden Podiumsdiskussion tritt ein Vertreter/eine Vertreterin als jeweiliger Historiker auf. Die Lehrkraft oder ein Schüler/eine Schülerin moderieren, das Plenum wird in einer zweiten Diskussionsphase beteiligt. 3. Erörtern Sie die Positionen der drei Historiker unter Berücksichtigung der Leitfrage. o Saladin-Denkmal, Damaskus. Foto von 2009. Saladin (1137/38 1193) vereinigte die muslimischen Kräfte. Durch seine Siege über die Kreuzfahrer und die Eroberung Jerusalems wurde er zu einem Mythos, verklärt zum größten Helden der muslimischen Welt und zum vorbildhaften Herrscher. In Damaskus erinnert ein Denkmal an seine Erfolge. Es wurde 1993 anlässlich des 800. Todestages von Saladin vom syrischen Diktator Assad feierlich eingeweiht. Die Figuren hinter dem Reiter stellen besiegte Kreuzfahrerherrscher dar, den König von Jerusalem und den Fürsten von Antiochia, die beide in der Schlacht von Hattin 1187 gefangen genommen wurden. 20 25 30 35 40 5 10 15 20 Die Kreuzzüge – ein Kampf der Religionen? 55 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
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