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585Informationsmedien und Geschichtsbewusstsein Matti Friedman: Was die Medien an Israel nicht verstehen wollen Während des letzten Gaza-Kriegs wurde deutlich, dass einer der wichtigsten Aspekte des mediengesättigten Konfl ikts zwischen Juden und Arabern am wenigsten thematisiert wird: die Rolle der Medien selbst. Die westliche Presse ist weniger Beobachter als Teilnehmer des Konfl ikts. Das hat Konsequenzen für Millionen Menschen, die sich bemühen, die Ereignisse zu verstehen; auch für die Politiker, die sich auf journalistische Berichte verlassen, um eine Region zu verstehen, in die sie sich ständig, wenn auch ergebnislos, einmischen. Die Medien haben eine grob vereinfachte Geschichte geschaffen – eine moderne Moritat1, in der Israels Juden als Exempel moralischen Versagens hingestellt werden. Dieses Muster hat tiefe Wurzeln in der westlichen Kultur. Es gibt banale Erklärungen für fehlerhafte Berichterstattung. Reporter haben es eilig, Redakteure sind überarbeitet und abgelenkt. Übertreibungen und Auslassungen, heißt es, seien nicht zu vermeiden, wenn man aus einer schwierigen und zuweilen gefährlichen Gegend berichtet. Das habe ich zunächst auch geglaubt. Nach einigen Jahren bei der Associated Press (AP) habe ich meine Meinung geändert. Solche Ausreden können nicht erklären, warum es immer die gleichen Übertreibungen sind, immer die gleichen Auslassungen, in allen internationalen Medien, und warum die „Israel-Story“ dieser Medien jedem Menschen fremd vorkommt, der den historischen und regionalen Kontext der Ereignisse kennt. […] Ausländische Aktivisten sind ein wichtiger Teil der politischen Landschaft. Internationale NGOs und die verschiedenen Unterabteilungen der Vereinten Nationen sind mächtige Spieler, die über Milliarden Dollar und Zigtausend ausländische und örtliche Beschäftigte verfügen. Ihre SUVs dominieren ganze Viertel in Ostjerusalem, ihre Spesenrechnungen halten Ramallah über Wasser. Den Journalisten bieten sie soziale Kontakte, Liebespartner und berufl iche Alternativen – was heute wichtiger ist als je zuvor, da sich viele Zeitungen aufl ösen und ihre Internet-Nachfolger mit Peanuts auskommen müssen. […] In diesen Kreisen ist eine Abneigung gegen Israel nicht nur akzeptabel, sondern so etwas wie eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft. Damit meine ich nicht eine kritische Betrachtung israelischer Politik oder der unfähigen Regierung, die gegenwärtig das Land regiert. Ich meine den Glauben, dass die Juden Israels irgendwie alle Übel dieser Welt symbolisieren – insbesondere den Nationalismus, den Militarismus, den Kolonialismus und den Rassismus. […] Viele ausländische Journalisten wollen nicht nur beschreiben und erklären, was an sich schon schwer ist, sondern „helfen“. Und da wird’s haarig, denn „helfen“ ist immer eine zwielichtige, subjektive und politische Angelegenheit, zumal wenn man weder die Sprachen noch die Geschichte des Landes kennt. […] Die Strategie der Hamas besteht darin, hinter einem Schutzschild palästinensischer Zivilisten Israel anzugreifen, wodurch israelische Gegenangriffe provoziert werden, die Zivilisten töten. Die Opfer werden dann von einem der größten Pressekontingente der Welt gefi lmt. Hamas weiß, dass die Empörung im Ausland Israel die Hände bindet. Diese Strategie ist so brutal wie effektiv. Sie funktioniert aber nur, weil die Journalisten mitmachen. Dies wirft Fragen auf: Wie ist die Beziehung zwischen Hamas und den Medien? Hat diese Beziehung die Medien korrumpiert? […] Westliche Nachrichtenorganisationen sehen anscheinend keine ethische Notwendigkeit, ihre Leser über Einschränkungen der Pressefreiheit in gefährlichen Gebieten oder repressiven Staaten zu informieren. Die Welt vom 23. Dezember 2014, aus dem Englischen übersetzt von Alan Posener www.welt.de/kultur/medien/article135689017/Was-die-Medien-an-Israel-nicht-verstehen-wollen.html Methoden-Aufgabe: Überprüfen Sie die Position des Autors anhand des Gliederungsschemas. 1 Moritat: in Liedform vorgetragene, moralisierende Schauergeschichte 5 10 15 20 25 30 35 40 Nu r z u Pr üf zw ck en E ge tu m d s C .C .B uc h er V er la gs | |
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