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Die korporative Mitsprache innerhalb des Ständewesens seit dem Mittelalter und bis um 1800 bildete eine Grundlage der modernen parlamentarischen Mitsprache. Vom modernen Parlamentarismus heute unterscheidet sie aber, dass die Mitwirkungsrechte innerhalb der Gesellschaft ungleich waren. In der Regel hatten mehr als 90 Prozent der Bevölkerung, so die Masse der Bauern, keinerlei politische Mitbestimmung. Kaiser und Reich Der Wormser Hofund Reichstag von 1495 markiert den Übergang von den Hoftagen des Mittelalters zu den Reichstagen der Frühen Neuzeit. Die Reichstage wurden nun aus allen Teilen des Reiches besucht. Auf dem Reichstag von 1495 einigten sich die Reichsstände und Kaiser Maximilian I. auf eine neue innere Ordnung des Reiches. Der Reichstag wurde zur obersten rechtlichen und politischen Institution, auf dem für das ganze Reich Entscheidungen getroffen wurden. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation bestand aus über 300 reichsunmittelbaren Gebieten, die keinen anderen Herrn als den Kaiser über sich hatten. Die Bandbreite umfasste ein unbedeutendes Reichsdorf wie Gochsheim bei Schweinfurt, kleine und größere geistliche und weltliche Herrschaften, schwächere oder auch mächtigere Reichsstädte, beachtliche Territorien wie Bayern oder Sachsen, sowie Österreich und Brandenburg-Preußen, die als aufsteigende Großmächte immer wieder eine aktive Rolle in der europäischen Politik spielen konnten. Im Reichstag vertreten waren allerdings nur solche Reichsunmittelbaren, die durch fi nanzielle Beiträge an das Reich, etwa für ein Reichsheer, ihr Teilnahmerecht erworben hatten. Sie hatten sich als Reichsstände zu drei Kollegien (Kurien) zusammengeschlossen: erstens die sieben Kurfürsten; zweitens geistliche und weltliche Fürsten, also Fürsten, Bischöfe, Prälaten, Grafen und Freiherren; sowie drittens die Reichsstädte. Die Reichsritter waren zwar reichsunmittelbar, aber keine Reichsstände. Die Kurfürsten galten als „Säulen des Reiches“. Sie trafen Entscheidungen für das ganze Reich, vor allem dann, wenn der Kaiser selbst nicht aktiv wurde oder wenn während eines Krieges kein Reichstag stattfand. Die zweite Kurie der Fürsten, Prälaten und Grafen umfasste Mitglieder ganz verschiedenen Ranges und politischen Gewichts. Nur den geistlichen und weltlichen Fürsten als ranghöchster adliger Gruppe stand das Recht zu persönlichem Erscheinen und Stimmabgabe auf den Reichstagen zu. Die Prälaten, Grafen und Herren waren von niedrigerem Rang. Sie besaßen ein gemeinsames Stimmrecht. Ihre meist kleinen Herrschafts gebiete prägten das einem Flickenteppich ähnelnde Kartenbild des Reiches. Die Reichsstädte galten als Teil des Königsbesitzes und waren entweder schon im Mittelalter vom König gegründet oder gefördert worden oder hatten sich von der Herrschaft eines anderen Stadtherrn (oft eines Bischofs) unabhängig gemacht. Sie alle waren keine Untertanen, sondern traten dem König und Kaiser selbstbewusst als Inhaber eigener, autonomer Herrschaftsrechte gegenüber. Weder sie noch der Kaiser waren aber für sich souverän. Erst in der Gemeinschaft von „Kaiser und Reich“ bildeten und repräsentierten sie das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (u M3). Damit war das Reich ein „ausgeprägt dezentrales, föderatives Gebilde“ (A. Gotthard), die „Einheit und Vielfalt“ im Reich eine Vorstufe des Föderalismus. Maximilian I. (1459 1519): seit 1486 deutscher König, seit 1493 Erzherzog von Österreich und seit 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches aus der Dynastie der Habsburger. 1495 initiierte er auf dem Reichstag zu Worms eine umfassende Reichsreform. Föderalismus (von lat. foedus, foedera: „Bund“, „Bündnis“, „Vertrag“): bezeichnet die Selbstständigkeit einzelner Glieder, die zu einer Gesamtheit zusammengeschlossen sind, etwa Länder, Bundesstaaten oder Kantone innerhalb eines Staates bzw. Reiches. Die Reichsstände bildeten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation einen solchen föderativen Zusammenschluss. i Kaiser Maximilian I. Gemälde (74 x 61,5 cm) von Albrecht Dürer, 1519. 59Wurzeln des modernen Föderalismus im Heiligen Römischen Reich Nu r z u Pr üf z ec ke n Ei ge nt um C .C .B uc hn er V er la gs | |
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