Volltext anzeigen | |
157Europäisierung in Südamerika? und die katholische Identität ihrer Völker auf dem Spiel stehen. In diesem Zusammenhang schickt sich die V. Generalversammlung an, über diese Situation nachzudenken, um den christlichen Gläubigen zu helfen, dass sie ihren Glauben freudig und konsequent leben und sich bewusst werden können, Jünger und Missionare Christi zu sein, die von ihm in die Welt gesandt wurden, um von unserem Glauben und unserer Liebe Kunde und Zeugnis zu geben. Welche Bedeutung hatte aber die Annahme des christlichen Glaubens für die Länder Lateinamerikas und der Karibik? Es bedeutete für sie, Christus kennenzulernen und anzunehmen, Christus, den unbekannten Gott, den ihre Vorfahren, ohne es zu wissen, in ihren reichen religiösen Traditionen suchten. Christus war der Erlöser, nach dem sie sich im Stillen sehnten. Es bedeutete auch, mit dem Taufwasser das göttliche Leben empfangen zu haben, das sie zu Adoptivkindern Gottes gemacht hat; außerdem den Heiligen Geist empfangen zu haben, der gekommen ist, ihre Kulturen zu befruchten, indem er sie reinigte und die unzähligen Keime und Samen, die das fl eischgewordene Wort in sie eingesenkt hatte, aufgehen ließ und sie so auf die Wege des Evangeliums ausrichtete. Tatsächlich hat die Verkündigung Jesu und seines Evangeliums zu keiner Zeit eine Entfremdung der präkolumbischen Kulturen mit sich gebracht und war auch nicht die Auferlegung einer fremden Kultur. Echte Kulturen sind weder in sich selbst verschlossen noch in einem bestimmten Augenblick der Geschichte erstarrt, sondern sie sind offen, mehr noch, sie suchen die Begegnung mit anderen Kulturen, hoffen, zur Universalität zu gelangen in der Begegnung und im Dialog mit anderen Lebensweisen und mit den Elementen, die zu einer neuen Synthese führen können, in der man die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten und ihrer konkreten kulturellen Verwirklichung respektiert. Letzten Endes eint allein die Wahrheit, und der Beweis für sie ist die Liebe. Aus diesem Grund ist Christus, da er wirklich der fl eischgewordene „Logos“, „die Liebe bis zur Vollendung“ ist, weder irgendeiner Kultur noch irgendeinem Menschen fremd; im Gegenteil, die im Herzen der Kulturen ersehnte Antwort ist jene, die ihnen ihre letzte Identität dadurch gibt, dass sie die Menschheit eint und gleichzeitig den Reichtum der Vielfalt respektiert und alle dem Wachstum in der wahren Humanisierung, im echten Fortschritt öffnet. Das Wort Gottes ist, als es in Jesus Christus Fleisch wurde, auch Geschichte und Kultur geworden. [...] Ihre Weisheit brachte die Urvölker glücklicherweise dazu, eine Synthese zwischen ihren Kulturen und dem christlichen Glauben zu bilden, den ihnen die Missionare anboten. Daraus wurde die reiche und tiefe Volksfrömmigkeit geboren, in der die Seele der lateinamerikanischen Völker zum Vorschein kommt. [...] Zum Ausdruck kommt diese Frömmigkeit auch in der Verehrung der Heiligen mit ihren Patronatsfesten, in der Liebe zum Papst und zu den anderen Hirten, in der Liebe zur Universalkirche als großer Familie Gottes, die ihre Kinder niemals allein oder im Elend lassen kann noch darf. Das alles bildet das große Mosaik der Volksfrömmigkeit, die der kostbare Schatz der katholischen Kirche in Lateinamerika ist und den sie schützen, fördern und, wenn nötig, auch reinigen muss. i Die Jungfrau von Guadalupe. Gemälde von Miguel Cabrera, 1764. Das Heiligenbild der Jungfrau von Guadalupe wird an einem Ort verehrt, der schon in vorspanischer Zeit als Kultstätte diente. Dort soll die Mutter Gottes einem Indianer im 16. Jahrhundert erschienen sein und als Beweis für ihre Erscheinung ihr Bild auf seinem Umhang hinterlassen haben. Heute ist die Kathedrale, welche das Bild beherbergt, eine der wichtigsten Wallfahrtsorte der Welt, zu dem jährlich Millionen von Gläubigen pilgern. Sie befi ndet sich in Villa de Guadalupe, einem Viertel von Mexiko-Stadt. 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 Nu r z u Pr üf zw ec ke n E ge nt um s C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |