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171Die Stadt und ihre Bürger im Mittelalter: das Ringen um die städtische Freiheit nung „Bürger“. Rechts des Rheins konnten sich ebenso Klöster, Stifte und befestigte Pfalzen und Burgen weltlicher Herren (burgi oder vici) zu Städten entwickeln. Manche wurden dann Bischofssitze und erreichten damit den Rang einer civitas. Schließlich sind die zahlreichen Kaufmannsund Händlersiedlungen in günstiger Verkehrslage an Flussübergängen, Fernstraßen und Brücken zu nennen (Frankfurt, Erfurt; „Furt“ = Flussübergang). Sie schlossen sich oft an herrschaftliche Burgen an (Hamburg, Magdeburg). Aber nicht nur vorhandene ältere Siedlungen konnten zu Städten werden; im Hochmittelalter (ca. 950 1250) setzte eine Welle von fürstlichen oder königlichen Neugründungen von Städten ein. Mit Freiburg im Breisgau als ältester Gründungsstadt auf deutschem Boden (u M1) begann um 1120 eine erste wahre Städtegründungsperiode, die die Zahl in Deutschland auf über 3 000 anschwellen ließ und den Anteil der Stadtbevölkerung auf geschätzte zwölf Prozent der Gesamtbevölkerung steigerte. „Der Anteil der städtischen Bevölkerung erhöhte sich zwar noch auf etwa 18 bis 20 v. H.* bis 1800, erfuhr aber damit keine so grundsätzliche Änderung wie von der Mitte des 12. bis zur Mitte des 14. Jh. (und wie im Zusammenhang mit der Industrialisierung seit dem 19. Jh.)“ (F. W. Henning). Die Bewohner der Stadt Infolge der deutlichen Bevölkerungszunahme im Hochmittelalter gab das Land immer mehr Menschen an die Stadt ab. Die mittelalterlichen Städte wuchsen nur durch Zuzug. Gerade die unfreien Bauern der ländlichen Grundherrschaften lockte die Stadt mit einem freieren und leichteren Leben, größerer Sicherheit, berufl ichen Aufstiegschancen und mehr Geselligkeit. Die Grundherren versuchten – oft mit Gewalt – die Abwanderung zu verhindern. Sie konnten in der Regel noch ein Jahr lang ihre Hörigen zurückfordern, danach galten diese als freie Stadtbewohner. „Wer binnen Jahr und Tag unangefochten in der Stadt wohnt, kann weiter frei und ungestört darin bleiben“ heißt es schon in einer Urkunde aus dem frühen 12. Jahrhundert. Eine spätere Formulierung dafür lautete: „Stadtluft macht frei“. Insgesamt umfasste die städtische Bewohnerschaft ein breites soziales Spektrum. Nur ein Teil besaß das Bürgerrecht und war damit vollgültiges Mitglied der Stadtgemeinschaft. Das war die Oberund Mittelschicht: von den Stadtadligen (Patriziat) und den vermögenden Fernhandelskaufl euten über die städtischen Beamten, die Kleinhändler und Handwerksmeister bis zu den (auch in der Stadt!) Landwirtschaft betreibenden „Ackerbürgern“.** Alle unselbstständigen Lohnempfänger, die zwar persönliche Freiheit genossen, aber politisch rechtlos blieben, zählten zur Unterschicht. Hierzu gehörten auch die gesellschaftlichen Randgruppen: dauerhaft Kranke, Arme und Bettler, ferner diejenigen, die einen „unehrlichen“ Beruf ausübten. Seit dem 12. Jahrhundert schlossen sich die Handwerker zunehmend in Zünften zusammen. Je mehr der Einfl uss des Stadtherrn zurückging, umso mehr gewannen die Zünfte und andere Genossenschaften an Eigenleben. Meist erhielten sie das Recht der Kontrolle über die Produktion ihrer Zunftgenossen, das Versammlungsrecht und damit die Möglichkeit, in Mitgliederversammlungen auf dem Zunfthaus ihre Belange selbst zu regeln. In den großen Handelsstädten bildeten sich oft Handelsgesellschaften, von denen die bedeutendsten Handel in der ganzen damals bekannten Welt trieben. * v. H. = von Hundert, d. h. Prozent ** Vgl. S. 183. i Konrad von Zähringen verleiht Freiburg im Breisgau das Stadtrecht. Teil eines Glasgemäldes von Fritz Geiges, 1899. Zunft: genossenschaftlicher Zusammenschluss der Handwerksmeister eines Gewerbes (vgl. heute die Innung). Sie regelten die wirtschaftlichen Belange (Herstellung und Absatz der Produkte, Rohstoffbeschaffung, Verkaufspreise). Außerdem boten die Zünfte ihren Mitgliedern gesellige Zusammenkünfte und soziale Unterstützung (für Kranke, Witwen und Waisen; Sorge für das Begräbnis). Jeder selbstständige Gewerbetreibende musste beitreten („Zunftzwang“). N r z u Pr üf zw ck en Ei g nt um de s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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