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177Die Stadt und ihre Bürger im Mittelalter: das Ringen um die städtische Freiheit M1 Das Gründungsprivileg für Freiburg im Breisgau Herzog Konrad von Zähringen (um 1090 1152) verleiht im Jahr 1120 – die Zeitangabe ist umstritten – einer Gruppe von Kaufleuten folgende Vorrechte: Bekannt sei allen Künftigen und Gegenwärtigen, dass ich, Konrad, in einem Ort meines Eigentums, nämlich Freiburg, im Jahre nach der Fleischwerdung des Herrn 1120 einen Markt begründet habe. Mit den von überall her zusammengerufenen angesehenen Kaufl euten habe ich in einer beschworenen Vereinbarung beschlossen, diesen Markt zu beginnen und auszubauen. Deshalb habe ich in dem gegründeten Markt jedem Kaufmann ein Grundstück zum Hausbau als Eigentum zugeteilt und entschieden, dass mir und meinen Nachfolgern als Zins jedes Jahr am Fest des heiligen Martin1 von jedem Grundstück ein Schilling öffentlicher Münze zu zahlen sei. So sei allen bekannt, dass ich gemäß ihrer Bitte und Hoffnung die Privilegien, die folgen, bewilligt habe. Und es erschien mir ratsam, wenn sie in einer Urkunde niedergeschrieben würden, damit sie während langer Zeit im Gedächtnis gehalten würden, sodass meine Kaufl eute und ihre Nachkommen von mir und meinen Nachfahren dieses Privileg in aller Zeit behaupten können. 1. Ich verspreche Frieden und Sicherheit des Weges allen, die meinen Markt aufsuchen, in meinem Machtbereich und Herrschaftsgebiet. Wenn jemand von ihnen in diesem Gebiet beraubt wird, werde ich, wenn er den Räuber namhaft macht, dafür sorgen, dass ihm das Geraubte zurückgegeben wird, oder ich werde es bezahlen. 2. Wenn einer meiner Bürger stirbt, soll seine Frau mit seinen Kindern alles besitzen und ohne jede Einschränkung behaupten, was ihr Mann hinterlassen hat. 3. Allen Besitzern am Markt verleihe ich, dass sie der Rechte meines Volkes und der Landsleute teilhaftig werden, soweit ich es vermag, das heißt, dass sie frei von Herrschaftsrechten die Weiden, Flüsse, Gehölze und Wälder benutzen. 4. Allen Kaufl euten erlasse ich den Zoll. 5. Niemals werde ich meinen Bürgern einen anderen Vogt2, niemals einen anderen Priester ohne Wahl vorsetzen, sondern wen immer sie dazu wählen, sollen sie unter der Bedingung meiner Bestätigung haben. 6. Wenn ein Zwist oder Rechtsstreit unter meinen Bürgern entsteht, soll er nicht nach meinem Gutdünken oder dem ihres Rektors3 entschieden, sondern er soll gerichtlich verhandelt werden nach der Gewohnheit und dem Recht aller Kaufl eute, besonders aber der von Köln. 7. Wenn jemand durch Mangel am Lebensnotwendigen dazu genötigt wird, soll er seinen Besitz verkaufen, wem immer er will. Der Käufer aber soll von dem Grundstück den festgelegten Zins zahlen. 8. Damit meine Bürger den vorgenannten Versprechungen keinen geringen Glauben zuwenden, habe ich ihnen Sicherheit geleistet, indem ich mit zwölf meiner namhaftesten Ministerialen4 auf die Reliquien der Heiligen geschworen habe, dass ich und meine Nachfolger das oben Genannte immer erfüllen werden. Und damit ich nicht in irgendeiner Notlage diesen Eid breche, habe ich mit meiner Rechten dem freien Manne (es fehlt ein Name) und denen, die den Markt beschworen haben, unverletzlich Treue in dieser Sache geschworen. Amen. Zitiert nach: Hartmut Boockmann, Das Mittelalter, München 31997, S. 142 f. 1. Listen Sie die von Herzog Konrad gewährten Privilegien für die Bürger der Stadt Freiburg auf. 2. Diskutieren Sie die Vorteile, welche Könige und Fürsten von der Gründung einer Stadt erwarten konnten. 1 11. November 2 Der Vogt (von lat. advocatus) wurde zwar von den Bürgern gewählt, blieb aber zugleich Vertreter des Stadtherrn; wahrscheinlich übte er die herrschaftliche Gerichtsbarkeit in Freiburg aus. 3 Wohl der in Abschnitt 5 genannte Vogt. 4 Ministerialen: ursprünglich unfreie Dienstmannen, die schließlich zum niederen Adel aufstiegen i Das älteste Siegel von Freiburg im Breisgau, vor 1218. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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