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In dem 1988 erschienenen Aufsatz „Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität“ prägt Jan Assmann den Begriff „kulturelles Gedächtnis“ und defi niert ihn wie folgt: „Unter dem Begriff kulturelles Gedächtnis fassen wir den jeder Gesellschaft und jeder Epoche eigentümlichen Bestand an Wiedergebrauchs-Texten, -Bildern und -Riten zusammen, in deren ‚Pfl ege‘ sie ihr Selbstbild stabilisiert und vermittelt, ein kollektiv geteiltes Wissen vorzugsweise (aber nicht ausschließlich) über die Vergangenheit, auf das eine Gruppe ihr Bewusstsein von Einheit und Eigenart stützt.“ Astrid Erll, Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung, Stuttgart 22011, S. 30 f. 1. Geben Sie das Konzept des kommunikativen und kulturellen Gedächtnisses wieder. 2. Als Jan Assmann 1988 seine Theorie veröffentlichte, „traf er einen erinnerungspolitischen Nerv der Zeit“, so die Historikerin Ulrike Jureit. Denn „welche spezifi sche Bedeutung hat es für eine Nachfolgegesellschaft, wenn ihre jüngste Geschichte […] einen Verbrechenskomplex ein schließt, der als menschheitsgeschichtlich einzigartiger Zivilisationsbruch dimensioniert wird?“ Ordnen Sie das Konzept des kollektiven Gedächtnisses in den „Erinnerungsund Forschungsboom“ zum Holocaust ein und beurteilen Sie seine Bedeutung für die Herstellung einer deutschen Identität. M3 Gegenüberstellung von kommunikativem und kulturellem Gedächtnis Kollektives Gedächtnis erzeugt und reproduziert ausgewählte identitätsstiftende und gemeinschafts bildende Erinnerungen einer Gruppe schafft Mythen und Legenden mit Überzeugungskraft für spätere Zeiten bleibt bestehen, bis etwas Neues an seine Stelle tritt ist stets auf einen bestimmten Personenkreis begrenzt (Familie, Stamm, Nation, Klasse, Religion, Schicksalsgemeinschaft etc.) kommunikatives Gedächtnis kulturelles Gedächtnis Inhalt alltagsnah, Geschichtserfahrungen im Rahmen individueller Biografi en alltagsfern, mythische Urgeschichte Formen informell, wenig geformt, naturwüchsig, entstehend durch Interaktion, Alltag gestiftet, hoher Grad an Geformtheit, zeremonielle Kommunikation, Fest Medien der Kommunikation mündliche Erzählung, Erfahrungen und Hörensagen Schriften, Objekte, Feiertage, Denkmäler, Musik, Sammlungen und Museen, Ritu ale/Inszenierung in Wort, Bild, Tanz usw. Reichweite reicht etwa 80 Jahre zurück reicht weit in die Vergangenheit zurück Dauer mitwandernder Zeithorizont von 3 4 Generationen, Gedächtnis stirbt mit seinen Trägern, danach setzt „strukturelle Amnesie“ ein absolute Vergangenheit einer mythischen Urzeit, lebt als kultureller Besitz der Gemeinschaft weiter Träger unspezifi sch, Zeitzeugen einer Erinnerungsgemeinschaft, gebunden an die drei gemeinsam lebenden Generationen spezialisierte Traditionsträger, nicht an Zeitzeugen gebunden, benötigt „Expertenwissen“ (Lehrer, Priester, Schamanen, Künstler etc.) Erschließung Methode der „oral history“ traditionelle historische Quellenarbeit Erstellt auf der Grundlage von: Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1999, S. 56 30 35 1. Charakterisieren Sie die Theorien des kommunikativen und kulturellen Gedächtnisses anhand von Beispielen. 2. Nehmen Sie Stellung zu der Frage, welches dieser beiden Gedächtnisse – das kommunikative oder das kulturelle – im Leben jedes Einzelnen mehr Bedeutung besitzt. 17Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur Nu r z P rü fzw ec ke n Ei g nt um d es C .C .B uc h er V er la gs | |
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