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159 5 10 15 20 25 30 35 40 M 15 Armutsmaße – wie arm sind die Deutschen? Wer Ulrich Schneider zuhört, glaubt sich in einem anderen, fremden Land. In einem Land, in dem die alleinerziehenden Mütter mit ihren Kindern unter Brücken schlafen müssen und in dem die Rentner bettelnd durch die Straßen ziehen. Doch der Chef des Paritätischen Gesamtverbands redet über Deutschland, das viertreichste Land auf dieser Erde mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten Europas. „Noch nie war die Armut in Deutschland so hoch und noch nie war die regionale Zerrissenheit in Deutschland so tief wie heute“, sagt Schneider. Er spricht von einem sprunghaften Anstieg der Armut, einem historischen Höchststand, einer tief zerklüfteten Republik. Als Beleg präsentiert der Verband Berechnungen zur Armutsquote. Diese stieg zwischen 2012 und 2013 um einen halben Prozentpunkt auf 15,5 Prozent. 12,5 Millionen Menschen, 400.000 mehr als noch 2012, leben unter der Armutsschwelle von 60 Prozent des mittleren Einkommens. Für einen Single-Haushalt sind das 892 Euro, für eine vierköpfi ge Familie 1.873 Euro. Doch dieses Konzept hat seine Tücken: Wenn das mittlere Einkommen steigt, weil die Wirtschaft wächst und die Arbeitnehmer mehr verdienen, während Transferbezieher wie Hartz IV-Empfänger und Geringverdiener damit aber nicht Schritt halten, muss die Armut in Deutschland zwangsläufi g zulegen. Umgekehrt steigt die Armut statistisch nicht, wenn es allen schlechter geht – wie etwa das Beispiel Griechenland zeigt. Dort erhöhte sich die Armut in der Krise statistisch kaum, weil der Schwellenwert in der Krise für alle kräftig sank. Eine steigende Armutsquote sagt daher mehr über das Auseinanderdriften der Einkommen aus als über wachsende materielle Entbehrung. Außen vor bleibt bei dieser Betrachtung auch die Kaufkraft. Wenn wie derzeit in Deutschland die Preise sinken, hat dies keine Auswirkung auf die Armutsquote, aber sehr wohl auf das reale Leben der Menschen unter der statistischen Armutsschwelle. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat im vergangenen Jahr ausgerechnet, dass ein Single in München 1.030 Euro braucht, um sich genauso viel zu leisten, wie ein durchschnittlicher deutscher Bürger mit 870 Euro. Diese regionalen Unterschiede berücksichtigt das Konzept der relativen Einkommensarmut ebenfalls nicht. Stefan von Borstel, www.welt.de, 19.2.2015 45 50 55 60 65 Defi nitionen von Armut Absolute Armut bezeichnet eine Armut, die durch ein Einkommen von 1,25 USDollar pro Tag gekennzeichnet ist. Von relativer Armut spricht man in Wohlstandsgesellschaften, in denen es absolute Armut praktisch kaum gibt. In der EU gilt als relativ arm, dessen Einkommen weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens beträgt. Nach: Infografi k Die Welt, Armutsund Wirtschaftsentwicklung in Deutschland 2006 – 2013, 19.2.2015 Armutsund Wirtschaftsentwicklung in Deutschland 2006 – 2013 Jahr BIP in Mrd. g Armutsquote in % 2006 2.390,20 14,0 2007 2.510,11 14,3 2008 2.558,02 14,4 2009 2.456,66 14,6 2010 2.576,22 14,5 2011 2.699,10 15,0 2012 2.749,90 15,0 2013 2.809,48 15,5 Aufgaben 1. Ergänze den Satz: Jemand ist arm, wenn … Die Bilder in M 13 können dir Gedankenanstöße geben. 2. Lies den Fall der Abiturientin und entscheide, ob die Familienmitglieder deiner Auffassung nach in Armut leben oder nicht. Ordne zu, mit welchem Armutsbegriff sie charakterisiert werden könnten (M 14, Randspalte S. 159). 3. Erkläre die unterschiedlichen Armutsrisikoquoten in Deutschland und beurteile, ob der in Deutschland verwendete Armutsbegriff dir angemessen erscheint (M 15). 6.1 Soziale Ungleichheit Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um de s C .C .B uc hn er V rl gs | |
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