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2 Giovanni Lorenzo Bernini: Apoll und Daphne, 1622 1625 Marmor, Höhe 243 cm, Galleria Borghese, Rom wärtsdrängen ist Daphnes Emporstreben entgegengesetzt. Ihr nackter Leib scheint mit dem Lorbeerstamm dem Boden zu entwachsen. Der Körper schraubt sich in äußerster Anspannung nach oben. Daphne blickt aus den Augenwinkeln zurück auf den Verfolger. Ihr Antlitz bebt vor Furcht, ihrem Mund entfährt ein Schrei. Bernini setzte neue Maßstäbe in der Skulptur*. Mit seiner Konzentration auf den Höhepunkt des Abenteuers und der Umsetzung innerer Seelenzustände in die äußere Form, gelang ihm das nahezu Unmögliche: Die Figurengruppe erzählt eine ganze Handlung, Vorund Nachgeschichte erschließen sich wie von selbst. Virtuose Bildhauertechnik Zu der brillant inszenierten Spannung kommt eine raffi nierte Behandlung der Marmoroberfl äche. Bernini ringt dem Marmor eine unglaubliche stoffl iche Qualität ab. Apolls von Muskeln durchzogener Körper wirkt athletisch, vereinzelte Äderungen im Marmor erscheinen wie die Narben eines Kriegers. Die weiche, fast makellos weiße Haut der Nymphe unterstreicht ihre Keuschheit. Die Sammlung Borghese Der ursprüngliche Aufstellungsort hatte diese Effekte unterstützt. Von Anfang an war die Skulptur für die Kunstsammlung der Villa Borghese in Rom geplant. Sie stand jedoch nicht wie heute frei im Raum, sondern vor der Wand. Der Betrachter erfasste zunächst nur die Rückansicht, um dann im langsamen Vorbeischreiten von der Vorderansicht überrascht zu werden. Anders als die allansichtigen, geschraubten Statuen der vorangehenden Bildhauerge neration (s. S. 124 f.) ist Berninis Skulptur auf den inneren Dialog angelegt: Er aktiviert die Vorstellungskraft des Betrachters. Erst im mehrmaligen Umschreiten, in der Kombination von Hauptund Nebenansichten entfaltet sich die theatralische Wirkung des Kunstwerks. 1 Beurteilen Sie als Einstieg in die Werkbetrachtung von Abbildung 1 ganz spontan die Beziehungssituation der beiden dargestellten Figuren, ohne die Hintergründe zu kennen. Begründen Sie Ihre Meinung im Unterrichtsgespräch, indem Sie sich vor allem auf Mimik und Gestik der Personen konzentrieren. 2 Stellen Sie die Figurenkomposition nach. 3 Vergleichen Sie Berninis „Apoll und Daphne“ (Abb. 1, 2) mit Giambolognas „Raub der Sabinerinnen“ (S. 125, Abb. 4): Beschreiben Sie die Komposition der Figurengruppen und stellen Sie dar, wie sie jeweils betrachtet werden wollen und wie sich dies auf die Gesamtaussage auswirkt. Ein weiteres Meisterwerk des Barockkünstlers Bernini stellt die „Verzückung der seligen Ludovica Albertoni“ (s. Auftaktseite 128 f.) dar. Beschreiben Sie den Ausdruck der Skulptur. Vollziehen Sie in einer Skizze die innere wie äußere Bewegtheit nach, wie die äußere Dynamik die innere Gemütsbewegung veranschaulicht. N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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