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Die vorgeblendeten Säulen vervielfachen nun die möglichen Lesarten. Ihre primäre Aufgabe ist es, das schwere Gebälk* zu tragen. Als einziges Element läuft das Gebälk ohne Unterbrechung um den ganzen Raum herum, es trägt damit wesentlich zur Vereinheitlichung des Gesamteindrucks bei. Die Einteilung der Kolonnade richtet sich nach der Wandgliederung, eine Säule steht immer an der Nahtstelle zwischen zwei Wandabschnitten. Die Ausrichtung der Säulen, die man am besten an den Kapitellen* ablesen kann, folgt jedoch nur dem umlaufenden Gebälk und nicht dem Rhythmus der Wandabschnitte. Jedes Kapitell ist so gedreht, dass es der Krümmung des Gebälks folgt. Richtet man nun den Blick nach oben, so eröffnen sich weitere Lesarten: Hier gewinnt man den Eindruck, dass weder Wand noch Säulenstellung die Struktur des Innenraumes vorgeben, sondern die Kuppel. Diese ruht auf den vier großen Bögen über den Altären und dem Eingang; das führt wiederum zu einer neuen Gruppierung von Wandabschnitten und Säulen. Wie man es dreht und wendet: In San Carlo konkurrieren ständig neue Lesarten miteinander, ohne dass sich die Widersprüche, die sich daraus ergeben, aufl ösen lassen. Der Gegensatz zwischen der Rhombusform im Grundriss und dem Oval der Kuppel verstärkt dieses Verwirrspiel noch: Selbst die Grundform des Raumes entzieht sich einer eindeutigen Defi nition. 2 Francesco Borromini: San Carlo alle Quattro Fontane, Innenraum, Baubeginn 1638, RomN u r zu P rü fz w e c k e n E ig n u m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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