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2 Louise Bourgeois: Maman, 1999 Bronze, Stahl und Marmor, 9,27 x 8,92 x 10,24 m, Neue Kunsthalle, Hamburg (temporäre Aufstellung) Kunst als Überlebensstrategie Tritt der Betrachter an die Arbeit nah heran, um die kleinteiligen Objekte genau zu betrachten, erscheint unvermeidlich das eigene Spiegelbild in der Scheibe. Er wird so in die Installation, die „Geburtsund Entwicklungsreihe“, direkt einbezogen. Spätestens im Augenblick der Nahsicht erfährt er, dass es sich nicht um niedliche „Puppenstubenfi gürchen“, sondern um eine sehr direkte Auseinandersetzung mit einer persönlichen Lebenserfahrung handelt, auf die bereits der Werktitel verweist. Bourgeois verarbeitete in der Installation „The Reticent Child“ das problematische Verhältnis zu ihrem Sohn, den sie unter großen Schwierigkeiten auf die Welt gebracht hatte. Bis ins hohe Alter von beinahe einhundert Jahren hinein setzte sich die in New York lebende gebürtige Französin Bourgeois in ihren Werken mit traumatischen Erlebnissen ihres Lebens auseinander. Ihr Kunstschaffen war für sie eine Art Überlebensstrategie, an der sie die Öffentlichkeit teilhaben ließ. Ihre Arbeiten berühren einerseits, gerade weil sie Einblicke in ihre Intimsphäre gewähren, und andererseits weil der Betrachter auf vielfältige Weise (hier durch die Spiegelung) in das Werk integriert wird. Mit diesen künstlerischen Mitteln kommunizierte Bourgeois mit dem Betrachter und forderte ihn zur Refl exion über das eigene Dasein, Werden, Sein und Vergehen auf. In der Auseinandersetzung mit dem individuellen Schicksal der Künstlerin wird der Blick auf das eigene Leben und die persönliche Entwicklung geschärft. Dabei fügt sich die heterogene Wahl ihrer Werkstoffe, wie auch bei dieser Installation (u. a. Holz, Bronze, Stahl, Stoff, Marmor, Gips, Kunststoff und Latex), in ihr stilistisch nicht einzuordnendes Gesamtwerk. Dieses bewegt sich stets zwischen Figuration und Ab straktion, was den Betrachter in seiner Wahrnehmung emotional und rational herausfordert. Monumentale Raumzeichen Berühmt wurde Louise Bourgeois mit ihrer Spinnen-Serie „Maman“ (franz. für Mutter) (Abb. 2). Fast ein Dutzend dieser etwa zehn Meter hohen Skulpturen aus Bronze und Stahl sind heute permanent an öffentlichen Orten in aller Welt (u. a. London, Bilbao, St. Petersburg, Tokyo, Ottawa, Kansas City) zu sehen. „Maman“ stellt ein Schlüsselwerk im autobiografi schen Schaffen der Künstlerin dar: Die monumentale Spinne, die einen Beutel mit Marmoreiern trägt, ist eine Hommage an ihre Mutter, die als Restauratorin von Tapisserien (Wandteppichen) in Paris arbeitete und darum, wie die Spinne, webte. Für Bourgeois, die ein sehr enges, liebevolles Verhältnis zu ihrer Mutter hatte, symbolisierte die Spinne Freundschaft und Schutz. Die auf staksigen Beinen stehende unheimlich anmutende riesige Skulptur mag auf den Betrachter als Sinnbild für das „Muttertier“ eher ungeeignet erscheinen. Subtil löst die Spinnenfi gur mit ihren Eiern ggf. das Gefühl von Angst und Ekel aus, was durch die Möglichkeit des Durchschreitens der Figur noch intenN u r zu P rü fz w e c k e n E ig tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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