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1 Bewegen Sie sich gedanklich durch die Installation „Lost Hori zon I“ (Abb. 2) von Antony Gormley und benennen Sie Ihr Gefühl dabei. Beschreiben Sie die Arbeit. 2 Vergleichen Sie eine Figur aus „Horizon Field“ (Abb. 1) mit dem „Schreitenden Mann“ Giacomettis (Abb. 4). Finden Sie inhalt liche Übereinstimmungen. 3 Entwerfen Sie eine Skulptur im öffentlichen Raum, die sich mit dem Menschenbild von heute beschäftigt. Entwickeln Sie Ihre Ideen in Skizzen und wählen Sie auch einen Ort aus, an dem Ihre Arbeit ausgestellt werden sollte. Existenz und Individualismus Die fi gurativen Installationen* Gormleys zielen nicht auf eine allgemeingültige Verständigung, sondern sind nur individuell erfahrund erlebbar. Wie in einem Experiment versucht der Künstler, den Betrachter an sein Werk zu binden, ihn von diesem einnehmen zu lassen. Dabei geht es Gormley nicht um die äußere Erscheinung des Menschen wie z. B. die Schönheit des nackten Körpers in der Antike* (s. S. 28 f. und 32 f.) oder in der Renaissance* (s. S. 104 ff.), mit der die hohe Bedeutung des Menschseins an sich ausgedrückt wurde. Die vervielfältigten Figuren Gormleys stellen vielmehr eine Entindividualisierung dar. Die isolierte, weiträumige, teilweise aber auch enge Aufstellung der Einzelfi guren (s. S. 280 f., Abb. 1 und 2) deutet auf Beziehungslosigkeit hin, die für den Betrachter Hilfl osigkeit und Einsamkeit symbolisieren kann. Dieses wird durch die leeren Blicke und passive Haltung der Figuren noch unterstrichen. In ihrer Grundaussage zur Entindividualisierung zeigen die Arbeiten Gormleys Parallelen zu den Skulpturen Alberto Giacomettis (1901 1966). Der Schweizer Künstler zählt zu den bedeutendsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts. Auch seine Figuren erscheinen, verursacht durch den Mangel an Körperlichkeit und Volumen, entindividualisiert (Abb. 4). Die langgezogenen dürren Körper sind nicht genau defi niert und besitzen eine raue, zerklüftete Oberfl äche. Lediglich die massigen Füße und kleinen Köpfe betonen das fi gurative Element der Skulpturen. Der lebensgroße „Schreitende Mann“, den Giacometti 1960 für einen Platz in New York entwarf, scheint nicht voranzukommen, seine Füße kleben am massigen Sockel fest. Die Unsicherheit und Uneindeutigkeit der Figur, die wie eine Geste zwischen Bewegung und Erstarrung erscheint, überträgt sich auf den sie umgebenden Raum und damit auch auf den Betrachter. Wie in den Installationen Gormleys 4 Alberto Giacometti: Der schreitende Mann I, 1961 Bronze, 183 x 95,5 x 26 cm, Hamburger Kunsthalle, Hamburg spürt er auch hier die Isolation und Entfremdung in den Figuren Giacomettis und nimmt seine eigene Präsenz und Existenz plötzlich anders wahr. Das Menschenbild, das der Künstler Giacometti mit seinen Skulpturen entwarf, war vom Nachklang der menschlichen Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg geprägt. Auch heute noch regen die Figuren zum Nachdenken über das eigene Sein an sowie über die Begegnung und das Miteinander im offenen oder begrenzten Raum. N z u P rü fz w e c k e n E ig e tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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