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1 Andreas Gursky: Tote Hosen, 2000 Farbfotografi e, 203 x 508 cm, Museum Ludwig, Köln nicht. Hier liegt bereits versteckt ein Hinweis auf eine nachträgliche, digitale Bearbeitung der Fotografi e. Die zuerst so realistisch wirkende Aufnahme irritiert auf den zweiten Blick. Dieser Eindruck verstärkt sich noch mit dem Erkennen von Wiederholungen: Nicht wenige Personen tauchen an verschiedenen Orten mehrfach auf, jedoch immer in leicht veränderten Körperstellungen. Der Künstler Gursky hat verschieden arrangierte Szenen aus unterschiedlichen Perspektiven, die er mit einem Kran erreichte, fotografi ert und nachträglich mithilfe einer digitalen Bildbearbeitung zu einer neuen Wirklichkeit zusammenmontiert. Entstanden ist ein komponiertes Bild. Es täuscht den Betrachter, da er gewöhnlich an die Echtheit der Fotografi e glaubt. Mit den sich in der Menge verlierenden, gleich gebärdenden Menschen hat Gursky zudem eine Metapher auf die angepasste Gesellschaft von heute entworfen. Gemalte und fotografi erte Strukturen im All-over In den Fotografi en Gurskys ist die Malerei schon lange eine Bezugsgröße. Die Fotografi e „Ohne Titel VI“ (S. 286, Abb. 2) zeigt ein Jackson Pollock-Gemälde in seinem musealen Umfeld. Der US-amerikanische Künstler Jackson Pollock (s. S. 235) gestaltete 1950 das Bild im sogenannten All-over Drip-Painting-Stil. Dieser Stil war in der Zeit prägend für den Abstrakten Expressionismus (s. S. 235, Abb. 2) in den USA. In dem von Pollock in den 1940er-Jahren entwickelten Drip-Painting (getropfte Malerei) wird die Farbe aus durchlöcherten Behältern oder mit Pinseln auf einen großformatigen, auf dem Atelierboden liegenden Untergrund getropft und geschüttet. Die Malerei ist all-over, also fl ächendeckend, ohne dass ein Hauptmotiv zu erkennen wäre. Bei den rein abstrakten* DripPaintings im All-over ging es nicht nur um eine neue Technik. Der Künstler Pollock wollte damit auch Emotionen zum Ausdruck bringen, die mit der Kraft seiner spon tanen, malerischen Geste das kollektive Un bewusste ansprechen. Der Betrachter ist aufgefordert, die Aussage und Tiefe des Bildes individuell zu entdecken – unabhängig vom expressiven Schaffensprozess des Künstlers. Andreas Gursky ist im Hinblick auf das Format und der künstlerischen Geste nicht weit entfernt von Jackson Pollock. Manche seiner Fotografi en zeigen ebenfalls eine All-over-Kons truktion. So geht die einzelne Figur in der „Tote-Hosen“-Fotografi e im Ornament der bildlichen Struktur auf und der distanzierte Blick des Betrachters verwandelt das Werk in ein Muster. N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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