Volltext anzeigen | |
2 Weibliche Skulptur* im Profi l (GuroRegion, Elfenbeinküste), o. Jahresangaben Holz, schwarze Patina, Gürtel aus Glasperlen, 59 x 18 x 16 cm, Museé National, Abidjan bezüglich traditioneller afrikanischer Kunst lassen sich heute nicht mehr klären. Zeremonien und Rituale, in die Masken und Objekte eingebunden waren, fi nden oft nicht mehr statt und die Zeitzeugen sind verstorben. Hinzu kommt, dass für die Kultgegenstände überwiegend Holz und andere vergängliche Materialien verwendet wurden. Der Stamm der Dogon aus Mali (Westafrika) trug seine Masken gar zu Grabe, wenn diese ihre Funktion erfüllt hatten. Hier liegt ein Verständnis von Vergänglichkeit vor, das dem Bedürfnis nach musealer Konservierung diametral entgegensteht. Dort hingegen, wo importiertes Metall verwendet wurde – wie etwa im Königreich Benin – lässt sich die künstlerische Entwicklung über einen Zeitraum von 600 bis 800 Jahren zurückverfolgen. Zyklen der Zeit Im Gegensatz zur westlichen Vor stellung des linearen Verlaufs von Zeit misst der Kulturkreis des traditionellen Afrika den Zeitzyklen eine größere Bedeutung bei. Der Fortschrittsgedanke spielt keine Rolle, deshalb gibt es auch keine Epochenabfolge wie in der europäischen Kunst. Es geht nicht um eine realistische Darstellung, wie die oft unstimmigen Proportionen beweisen. Vielmehr bestand das Ziel im Schaffen von Gebilden, deren Funktion es ist, die den Kosmos durchströmende Lebensenergie zu speichern oder zu steigern. Da sind zum einen die Ahnenfi guren. Durch Zeremonien sollen die Verstorbenen ihren Platz im Totenreich erlangen. Die Figuren sind unabdingbar, damit die Ahnen mit der Welt der Lebenden in Verbindung bleiben können. Durch Masken wiederum können die Ahnen Gestalt annehmen. Dabei werden die Maskenträger durch den ekstatischen Tanz quasi mit der Maske eins. Die Person des Tänzers ist ohne Bedeutung – die Maske wird von der Überwelt geführt. Masken erscheinen dann, wenn übermenschlicher Beistand nötig ist; sie verkünden z. B. Urteile und erlegen Prüfungen auf. Auch Fruchtbarkeitsund Kraftfi guren wird eine spirituelle Dimension beigemessen. Oft werden sie als „Fetische“ bezeichnet. Allerdings spiegelt dieser Begriff eine westliche Sichtweise wider. Diese ist aufgrund der kulturellen Distanz oft sehr verallgemeinernd. Die afrikanische Perspektive stellt sich je nach Region, Religion oder Stamm sehr viel differenzierter dar (s. S. 304 f.). Afrikanische Kunst? Doch wie sieht es im globalisierten zeitgenössischen Kulturbetrieb aus? Ist es berechtigt von „Kunst“ zu reden? Wird ein Künstler aus Afrika eher als „Afrikaner“ oder als „Künstler“ wahrgenommen? Eine neue Generation spielt heute mit den Stereotypen des Westens und fordert den Kulturbetrieb zum Dialog auf. 1 Diskutieren Sie, inwiefern sich unser europäisches Kunstverständnis nicht einfach auf die afrikanische „Kunst“ übertragen lässt. 2 Legen Sie mögliche Gründe dar, die das Verständnis von Ritualen und Kulthandlungen einzelner Stämme erschweren oder gar unmöglich machen. BLICK AUF AFRIKANISCHE KULTUREN N u r zu P rü fz w e c k e n E i e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |