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2 Nekropole von Mustafa Pascha Königsgräber, um 3 Jhr. v. Chr., Alexandria, Ägypten neue Formensprache entwickelt (Abb. 2). Diese Formensprache übernahm zwar die bekannten Motive der klassischen Tempel wie Säulen, Giebel etc., sie verzichtete aber auf das strenge System der Ordnungen und arrangierte die Einzelteile in neuer Weise. Es war eine außerordentlich experimentelle Architektur, die anderen Regeln folgte. Dynamische Fassaden Anstatt Ordnung und Ideal zu verkörpern, ging es jetzt um möglichst wirkungsvolle Effekte. Die Handwerker in Petra operierten zum einen mit dem Kontrast von Licht und Schatten. Im oberen Stockwerk tritt die Fassade im Wechsel vor und zurück: An den Seiten ragen Säulen und Giebel aus der Felswand hervor, zur Mitte hin weichen sie zurück und formen eine Art Hof, in deren Mitte wiederum ein Rundtempel nach vorne tritt. So setzt sich der helle Vordergrund von den verschatteten Eintiefungen dazwischen ab. Dieser Wechsel von Hell und Dunkel erzeugt – wie bei den tiefen Furchen im Haar des Giganten von Pergamon (s. S. 36 ff.) – Kontrast und Dynamik. Durch die vorund rückspringenden Baukörper, sogenannte Risalite, gewinnt die Fassade auch an räumlicher Plastizität. Die durchgehende, einfache Säulenreihe des Parthenon (s. S. 30 f.) ist hier gesprengt, die Fassade wird zum Relief. Statt einer monotonen, frontalen Säulenreihe blickt man in verschiedene, hintereinander gestaffelte Ebenen von Säulen und Gebälken*. Es entstehen Fantasieräume, wie der Säulenhof um den Rundtempel im Obergeschoss, der natürlich kein wirklicher Hof ist, sondern eine Illusion. Dynamik entsteht drittens durch die enorme Höhe. Die Fassade, deren Zweigeschossigkeit uns heute nicht besonders erscheint, muss ein Zeitgenosse als monumentales Aufeinandertürmen von Säulen, Giebeln, ja ganzen Gebäuden empfunden haben. Der Blick des Betrachters wird – ähnlich wie bei einer gotischen* Kathedrale oder einem Wolkenkratzer – förmlich in die Höhe gezogen; ein Effekt, den die klassischen Architekten tunlichst zu vermeiden suchten, da sie das empfi ndliche Gleichgewicht von waagrechten und senkrechten Gliedern zerstört hätte. Die Architekten von Petra stellten die logischen Prinzipien der klassischen Architektur grundsätzlich infrage. Die Fassade von Petra ist in der Tat reine Fassade. Es geht nicht mehr um das logische Lasten und Tragen von Säulen und Balken, sondern um deren „Erscheinung“. War der Parthenon ein „Körper“, so ist die Fassade von Petra ein „Bild“. Nicht mehr das Objekt selbst, also das Gebäude, steht hier im Vordergrund, sondern die Wirkung auf den Betrachter, das Subjekt. 1 Vergleichen Sie die Fassade der Kirche „San Carlo alle Quattro Fontane“ von Borromini (S. 138 ff.) mit Abbildung 1. Achten Sie vor allem auf Gemeinsamkeiten, zeigen Sie aber auch ein bis zwei wesentliche Gestaltungsunterschiede auf. 2 Begründen Sie die Aussage des Autors, dass das Felsengrab von Petra aus Sicht eines Architekten als „Bild“ bezeichnet werden muss. N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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